EU zu Lockerungen von Corona-Maßnahmen:"Gute Nachbarn reden miteinander"

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Ruft die EU-Mitgliedsstaaten zur Kooperation auf beim Weg aus der Corona-Krise: EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen. (Foto: REUTERS)
  • EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hat die Mitgliedstaaten dazu aufgerufen, sich gegenseitig über Lockerungen von Corona-Maßnahmen zu informieren.
  • Grundsätzlich sieht der "Fahrplan" der Kommission ein schrittweises Zurückfahren der Beschränkungen vor - unter drei Bedingungen.
  • Zugleich warnt von der Leyen vor einem "starken Wiederaufflackern" des Virus.

Von Karoline Meta Beisel, Brüssel

Geschlossene Schulen, geschlossene Grenzen, geschlossene Geschäfte: Zu Beginn der Corona-Krise verhängten die EU-Mitgliedstaaten restriktive Maßnahmen fast im Stundentakt, und zwar ohne einander dazu groß zu befragen. Jetzt, wo die ersten Mitgliedstaaten beginnen, diese Verbote wieder aufzuheben, soll es nach dem Willen von Ursula von der Leyen etwas geordneter zugehen: "Gute Nachbarn reden miteinander", sagte die EU-Kommissionspräsidentin am Mittwoch in Brüssel bei einer Pressekonferenz.

Gemeinsam mit Ratspräsident Charles Michel stellte sie dort einen "Fahrplan" vor, an dem sich die Mitgliedstaaten orientieren können, wenn sie die Beschränkungen wieder zurückfahren wollen. Grundsätzlich sieht der Plan ein schrittweises Lockern der Beschränkungen vor, wenn drei Bedingungen in den Mitgliedstaaten erfüllt sind: die Verbreitung des Virus müsse zurückgegangen und über längere Zeit stabil gewesen sein; die weitere Verbreitung müsse engmaschig kontrolliert werden können; und das Gesundheitssystem in dem jeweiligen Land müsse in der Lage sein, nicht nur die Corona-Patienten, sondern auch sonstige Erkrankte angemessen zu versorgen.

Von der Leyen machte deutlich, dass es für das Aufheben der Maßnahmen keinen allgemeingültigen Zeitplan gebe, sondern jeder Mitgliedstaat sorgfältig abwägen müsse, welche Beschränkungen wann wieder zurückgenommen werden können. "Dieser Plan ist auch nicht das Signal, dass die Beschränkungen sofort wieder aufgehoben werden können", sagte von der Leyen. Es gehe vielmehr darum, den Mitgliedstaaten einen Handlungsrahmen aufzuzeigen. Aus Sorge, die Initiative könne als möglicherweise verfrühtes Zeichen des Aufbruchs gewertet werden, hatte die EU-Kommission die eigentlich bereits für die vergangene Woche geplante Präsentation der Exit-Strategie auf diesen Mittwoch verschoben.

Einkaufsverkehr über die Grenze ist derzeit ohnehin kaum möglich

Wenn die Mitgliedstaaten nun "Schritt für Schritt" begännen, die Beschränkungen zurückzufahren, sei es "extrem wichtig, dass die Mitgliedstaaten die EU-Kommission und die Nachbarstaaten informieren", etwa bevor sie ihre Geschäfte wieder öffneten. Ansonsten stehe zu befürchten, dass die Menschen hin und her über die Grenzen fahren würden, um die Einkaufsmöglichkeiten auf der anderen Seite zu nutzen.

Vielerorts wäre das allerdings überhaupt nicht möglich: Ein Großteil der Mitgliedstaaten hält bislang an Grenzkontrollen für Reisende fest. Lediglich für den Warenverkehr und Grenzpendler in wichtigen Berufen hat sich die Lage etwas entspannt. Der nun vorgestellten Exit-Strategie zufolge sollten die Mitgliedstaaten die Kontrollen an den Binnengrenzen aufheben, sobald sich die gesundheitliche Lage auf beiden Seiten der Grenze angeglichen hat, und die Menschen die Regeln der physischen Distanzierung akzeptieren. Von der Leyen machte allerdings nicht viel Hoffnung, dass das schon bald passieren könnte: "Wir alle wissen, dass, wenn wir nicht sehr konsequent und sehr bedacht diesen Weg gehen, ein starkes Wiederaufflackern des Virus uns zwingen könnte, Maßnahmen wieder einzuführen, die wir gerade behoben haben." Auf lange Sicht aber müssten "selbstverständlich alle Grenzkontrollen verschwunden sein".

Dem Fahrplan zufolge könnten auch freiwillige Apps dabei helfen, dieses Ziel zu erreichen, die aber den Ansprüchen des europäischen Datenschutzes genügen müssten. Der Einsatz einer "paneuropäischen Referenz-App oder mindestens solcher Apps, die miteinander kommunizieren können", könnte dabei effektiver sein. Auch der Einsatz von Schutzmasken könne dazu beitragen, die Verbreitung des Virus einzudämmen. Von der Leyen wies aber auf zwei Grundsätze hin: Wenn das Angebot nicht für alle reiche, sollten zuerst Mitarbeiter aus dem Gesundheitssektor mit Masken versorgt werden. Zugleich könnten Atemschutzmasken "niemals ein Ersatz für das Einhalten anderer Hygiene-Maßnahmen sein".

In der kommenden Woche werden sich die EU-Staats- und Regierungschefs bei einer Videokonferenz mit dem Vorschlag der Kommission befassen.

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