EU und USA:Zugriff auf Daten

Europäische Ermittler sollen bald leichter Informationen von den USA erhalten, wenn es um Straftaten geht - und umgekehrt. Die EU-Kommission kann nun ein entsprechendes Abkommen aushandeln. Doch Kritiker warnen.

Von Karoline Meta Beisel, Luxemburg

Für Strafverfolgungsbehörden aus der EU könnte es bald leichter werden, elektronische Beweismittel aus den USA zu bekommen. Die Justizminister der Europäischen Union haben die EU-Kommission am Donnerstag aufgefordert, mit den Vereinigten Staaten Verhandlungen für ein entsprechendes Abkommen aufzunehmen. Das Abkommen soll einen Rechtsrahmen schaffen, der nicht nur EU-Behörden die Datenabfrage in den USA, sondern auch US-Behörden die Abfrage in der EU erlaubt. Bislang liefern US-Telekommunikationsanbieter solche Daten nur auf freiwilliger Basis.

Aber an dem Vorhaben gibt es auch Kritik. Das Gesetz, das derzeit innerhalb der USA regelt, auf welche Daten Strafermittler zugreifen können, der sogenannte Cloud Act, erlaubt auch die Echtzeitüberwachung. EU-Kreisen zufolge hatten darum mehrere Mitgliedstaaten versucht, schon in den Leitlinien für die anstehenden Verhandlungen mit den USA klarzustellen, dass das neue Abkommen das Abfragen solcher Daten nicht erfassen soll. Die Kommission hatte eine solche Einschränkung demnach abgelehnt, um in den Verhandlungen mit den USA möglichst großen Spielraum zu haben.

Ein weiterer Kritikpunkt betraf das Timing für die nun beschlossenen Verhandlungen mit den USA: Denn auch der Datenaustausch innerhalb der EU soll gerade neu geregelt werden. Das Gesetzgebungsverfahren für die sogenannte "E-Evidence-Verordnung" ist aber noch lange nicht abgeschlossen; das Parlament hat sich noch nicht auf eine Fassung für dieses neue Gesetz geeinigt. Die SPD-Europaabgeordnete Birgit Sippel fürchtet, dass das Abkommen mit den USA dem Gesetzgebungsprozess in der EU vorgreifen könnte. Es drohe ein "Zugriff durch die Hintertür". Das Europaparlament werde sich aber "keine Fesseln anlegen lassen", schrieb die Abgeordnete auf Twitter.

Ein Sprecher der EU-Kommission teilte mit, die Verhandlungen würden in jedem Fall eine Weile dauern und erst später auf Basis der EU-intern vereinbarten Regeln abgeschlossen werden. In der Zwischenzeit könne man aber schon Fortschritte in jenen Punkten erzielen, die nicht vom Gesetzgebungsprozess für die E-Evidence-Verordnung abhängen. Auch die Sorge vor zu starken Zugriffsrechten der USA sei unbegründet: "Jedes Abkommen mit den USA müsste mindestens dasselbe Schutzlevel garantieren wie innerhalb der EU", teilte der Sprecher mit.

Bei der Abstimmung im Rat am Donnerstagnachmittag gab es trotz der Bedenken im Vorfeld eine große Mehrheit für das Verhandlungsmandat der Kommission. Die Bundesrepublik, die schon die geplante E-Evidence-Verordnung wegen zu schwacher Schutzmechanismen kritisiert hatte, enthielt sich bei der Abstimmung.

Vĕra Jourová dagegen begrüßte nach dem Ministertreffen in Luxemburg die Entscheidung der Mitgliedstaaten: Noch in diesem Monat will die EU-Justizkommissarin zu ersten Gesprächen in die USA reisen.

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