Süddeutsche Zeitung

EU und USA:Eine Partnerschaft ist das nicht mehr

Außenminister Maas sucht in Washington das Gespräch mit seinem Amtskollegen Pompeo. Zu mehr als dem Austausch bekannter Positionen kommt es nicht. Denn Europas Schwäche ist Donald Trumps Stärke.

Kommentar von Thorsten Denkler, New York

Heiko Maas hatte nicht viel zu gewinnen in diesen beiden Tagen in Washington. Der deutsche Außenminister kam am Dienstag zu politischen Gesprächen in die amerikanische Hauptstadt. Natürlich ging es um das Atomabkommen mit Iran, das US-Präsident Donald Trump kürzlich einseitig aufgekündigt hatte. Seitdem bemühen sich die Europäer um eine einheitliche Haltung. Und die lautet: Wir stehen weiter zu dem Abkommen.

Das hat auch Maas seinen Gesprächspartnern an diesem Mittwoch wohl so vermittelt. Zuerst John Bolton, dem neuen Nationalen Sicherheitsberater von Trump. Und später am Tag dem neuen US-Außenminister Mike Pompeo. Beide sind erklärte Gegner des Abkommens.

Nur: Die Entscheidung ist bereits gefallen. Obwohl die Europäer Trump geradezu bekniet hatten, es sich noch einmal zu überlegen. Es hat nichts gebracht. Trump war zu keinem Zugeständnis bereit.

Jetzt gilt es, den Schaden zu begrenzen. Aus europäischer Sicht bedeutet das im besten Fall: Das Abkommen kann auch ohne die USA überleben. Nur wie das gelingen soll, das weiß niemand so recht. Die USA müssten schon auf die sekundären Sanktionen verzichten, mit denen sie auch europäische und deutsche Firmen bestrafen wollen, die weiter Geschäfte mit Iran machen.

Am Montag hielt Pompeo eine Rede, die alle Hoffnung zunichtemachte, die USA könnten sich auf so etwas einlassen. Er kündigte die "stärksten Sanktionen" in der Geschichte an. Und wenn die Europäer glaubten, sie könnten einfach so weitermachen wie bisher, dann sei das "ihre Entscheidung".

Maas hat dem nicht viel entgegenzusetzen. Die angebliche europäische Einigkeit, sie besteht bisher nur aus Worten. Noch sind keine Sanktionen in Kraft. Aber niemand hat eine Antwort darauf, wie die Europäische Union ihre Unternehmen vor den US-Sanktionen schützen kann. Und welchen wirtschaftlichen Preis jene Unternehmen bereit wären zu zahlen für ein Iran-Geschäft, das sich in den vergangenen Jahren nur überschaubar entwickelt hat.

Die USA sind kein Partner mehr

Die Europäer müssen im Umgang mit den USA gerade lernen, dass reden nicht immer hilft - auch wenn beide Seiten natürlich miteinander im Gespräch bleiben müssen. Die Hoffnung auf einen neuen Verhandlungsansatz sollte nicht vergeben werden, indem die Diplomaten zu Hause bleiben.

Vielleicht sollten die Europäer aber auch ihre Haltung überdenken. Die USA sind unter Trump kein "Partner" mehr, wie Maas glaubt. Partner versuchen, gemeinsame Lösungen zu finden, Kompromisse also, mit denen beide Seiten gut leben können.

Doch Trump geht es um etwas völlig anderes, als einen Ausgleich der Interessen, der ansonsten der Transmissionsriemen der Diplomatie ist. Er interessiert sich für außenpolitische Fragen nur, wenn sie ihm helfen, seine schlechten Umfragewerte zu verbessern. Und da hilft ihm eher, den Iran-Deal zu kündigen, als ihn mit einem Kompromiss zu retten. Trump ist ein Darwinist - nur der Stärkere gewinnt. Ein deutscher Außenminister wird vielleicht noch angehört. Aber er wird nicht gehört.

Wenn dem so ist, dann kann Trump nur gestellt werden, wenn die Europäer ihrerseits die Muskeln spielen lassen. Davon hat die EU eigentlich genug: Die EU ist ein Markt mit mehr als 510 Millionen Einwohnern. Die USA haben knapp 325 Millionen Einwohner. Beide Seiten sind jeweils die wichtigsten Handelspartner. Der Handel zwischen den USA und der EU entspricht etwa einem Drittel des weltweiten Handels.

Es gäbe also keinen Grund, sich den USA gegenüber als hilflose Befehlsempfänger zu positionieren. Nur ist es leider so, dass es keine gemeinsame europäische Stimme gibt, keine jedenfalls, die belastbar wäre. Und die das Mandat hätte, Trump mit dem gesamten Gewicht der EU gegenüberzutreten. Hätte die EU eine funktionierende gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, oder gar eine gemeinsame Haushalts- und Finanzpolitik, die Lage wäre eine völlig andere. So aber ist die EU ein kopfloser Muskelprotz. Ihre Uneinigkeit ist der wahre Grund, warum Trump glaubt, er könne auf der Weltbühne schalten und walten, wie er will.

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