Am Ende war es ein beachtliches Ausmaß an Lärm um nichts. Mehrere Stunden lang verhandelten sie am Dienstagabend, Vertreter des Parlaments und der Mitgliedstaaten, um einen Kompromiss zu finden zum umstrittenen EU-Waldschutzgesetz. Mit diesem sollen Produkte aus der EU verschwinden, für deren Herstellung Wald gerodet oder beschädigt wurde.
Im Ergebnis steht jetzt genau das, was die EU-Kommission im Oktober vorgeschlagen hat: Statt Anfang 2025 tritt das Gesetz ein Jahr später in Kraft, um den vielen Tausend betroffenen Unternehmen in der EU und in Staaten des globalen Südens mehr Zeit zur Vorbereitung zu geben.
Befürworter der Verordnung zeigen sich erleichtert
Die Europäische Volkspartei (EVP) im EU-Parlament hatte versucht, das Gesetz weiter abzuschwächen, etwa mit Ausnahmeregelungen – ihr gilt es als Beispiel für überbordende Bürokratie und Berichtspflichten. Kürzlich hatte die EVP-Fraktion mehrere Änderungsanträge zum Gesetz im Plenum eingebracht, die nur mit den Stimmen rechtsextremer Parteien eine Mehrheit fanden, und war dafür von der linken Seite des Parlaments heftig kritisiert worden. Für die Änderungen gab es unter den Mitgliedstaaten allerdings absehbar keine Mehrheit. Das Verhandlungsergebnis entspricht mithin den Erwartungen.
Die federführende CDU-Abgeordnete Christine Schneider versuchte es trotzdem und zeigte sich nach den Verhandlungen verstimmt: „Die kategorische Ablehnung von Seiten des Rates ist ernüchternd“, sagte Schneider. Sie sei „maßlos enttäuscht“ über die Blockadehaltung der Mitgliedstaaten. Von Beginn an hatte sie deutlich gemacht, einer Verschiebung des Gesetzes nicht im Weg zu stehen.
Schneider verbucht als Erfolg, dass die Kommission eine Zusatzerklärung zum Gesetz formuliert hat. Sie liegt der Süddeutschen Zeitung im Entwurf vor. Darin sichert die Behörde zu, frühzeitig noch mehr Information zur Umsetzung des Regelwerks bereitzustellen. Eine IT-Plattform, über die Hersteller und Händler ihre Daten melden müssen, solle spätestens ein halbes Jahr vor Inkrafttreten bereitstehen. Mit Blick auf die bereits vorgesehene Überprüfung des Gesetzes im Jahr 2028 sichert die Kommission zu, weitere Vereinfachungen zu prüfen. Rechtsverbindlich ist diese Erklärung allerdings nicht.
Befürworter der Verordnung zeigten sich erleichtert. Die SPD-Parlamentarierin Delara Burkhardt sprach von einem „peinlichen Schauspiel“ der EVP-Fraktion, das man habe beenden können. Durch die Verschiebung um ein Jahr „erhalten die Unternehmen ausreichend Zeit und Unterstützung, um sich auf die Umsetzung der Verordnung vorzubereiten“.
Das Gesetz wird Produkte wie Leder, Reifen, Schokolade oder Papier betreffen
Die Entwaldungsverordnung ist ein Teil des Grünen Deals, der als umwelt- und klimapolitisches Programm im Zentrum der Politik Ursula von der Leyens während ihrer ersten Amtszeit seit 2019 stand. Im- und Exporteure sollen künftig lückenlos nachweisen, dass ihre Waren nicht zur Entwaldung oder Waldschädigung beigetragen haben. Produkte, für die nach 2020 Wald gerodet wurde, sollen demnach tabu sein.
Das Gesetz umfasst Kaffee, Kakao, Kautschuk, Palmöl, Rindfleisch, Soja und Holz sowie mehr als 800 aus diesen Rohstoffen hergestellte Produkte; etwa Leder, Reifen, Schokolade oder Papier. Die Idee dahinter: Europas Konsumenten sollen nicht mehr wie bisher zur globalen Entwaldung beitragen.
Es ist allerdings umstritten, ob das Gesetz den gewünschten Effekt haben wird, wenn lediglich die EU bestimmte Importe verbietet. Nach dem Gesetz müssen Unternehmen künftig eine Sorgfaltserklärung abgeben, dass für ein Produkt nach dem 31. Dezember 2020 kein Wald gerodet oder geschädigt wurde, und dies in einer Datenbank hinterlegen.
Wer sich nicht an die Vorschriften hält, dem drohen hohe Strafen von bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes in der EU. Mit der Verschiebung tritt die Verordnung am 30. Dezember 2025 für Großunternehmen und erst am 30. Juni 2026 für Klein- und Kleinstunternehmen in Kraft.