Süddeutsche Zeitung

EU-Ultimatum für Polen:Kaczyński macht sich über Brüssel lustig

  • Im Interview mit der Bild kritisiert der Chef der nationalkonservativen polnischen Regierungspartei PiS, Jarosław Kaczyński, das Ultimatum aus Brüssel scharf.
  • Die Kritik belustige ihn, das Verfahren bewege sich "völlig außerhalb der EU-Verträge".
  • Auch der Aufnahme von syrischen Flüchtlingen im Rahmen des EU-Türkei-Deals erteilt er eine Absage.

Drei Monate hatte die EU-Kommission den Polen eingeräumt: In dieser Zeit muss die nationalkonservative Regierung in Warschau eine umstrittene Justizreform ändern, mit der die Rechte des Verfassungsgerichtes beschnitten werden. Doch den Chef der nationalkonservativen polnischen Regierungspartei PiS, Jarosław Kaczyński, stört das anscheinend wenig. Im Interview mit der Bild gibt er sich entspannt.

"Dieses Verfahren bewegt sich völlig außerhalb der EU-Verträge", sagte der frühere Ministerpräsident. "Das ist nichts als ein fröhliches Schaffen zum Vergnügen der EU-Kommission und ihrer Beamten." Selbst die Rechtsberater des Europäischen Rates hätten befunden, dass sich dieses Verfahren jenseits der Verträge bewege. Im Heimatland des zuständigen EU-Kommissars Frans Timmermans, den Niederlanden, gebe es nicht einmal ein Verfassungsgericht. Besonders ernst jedenfalls will er die scharfen Töne aus Brüssel nicht nehmen: "Es belustigt mich. Denn diese Kritik hat mit dem aktuellen Zustand unseres Landes nichts gemein."

Keine Aufnahme von syrischen Flüchtlingen

Deutschland rief er zu einem fairen und partnerschaftlichen Umgang mit seinen Nachbarn auf. "Wir wollen das Recht auf Entwicklung in einem fairen Markt und dadurch eines Tages auch Deutschland bei Wohlstand und Wirtschaftskraft einholen", sagte Kaczyński.

Ganz Europa spreche von einer Führungsrolle Deutschlands innerhalb der EU. Doch anders als etwa die USA nach dem Zweiten Weltkrieg sei Deutschland dieser Rolle einer "sanften Dominanz" nicht gewachsen. Die Überlegenheit der Deutschen "reicht nicht heran an die damalige und gegenwärtige Überlegenheit der Amerikaner".

Auch der Aufnahme von Flüchtlingen aus Syrien erteilte er erneut eine strikte Absage. "Ich kann mir keine Situation vorstellen, in der es dazu käme", sagte Kaczyński und fügte hinzu: "Ich würde gerne von Frau Bundeskanzlerin erfahren, was sie sich dabei gedacht hat, als sie die Grenzen öffnete. Denn da lässt mich meine Vorstellungskraft im Stich."

Unter Hinweis auf den Überfall Hitler-Deutschlands auf Polen 1939 sagte der Parteichef: "Unsere Geschichte verbindet uns nicht, sie trennt uns eher." Zwar seien Polen und Deutsche heute durch Handelsbeziehungen eng verbunden. Doch "unsere Völker werden Zeit brauchen, um die Wunden zu heilen".

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