Süddeutsche Zeitung

EU-Ukraine-Gipfel:"Viel Hoffnung, viel Perspektive"

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Auf dem EU-Ukraine-Gipfel waren die Europäer bemüht, Kiew nicht zu entmutigen, ohne Russland zu verärgern. Das Ergebnis ist ein unverbindliches Abkommen.

G. Kröncke

Die Europäische Union will die Beziehungen zur Ukraine intensivieren, sieht aber in absehbarer Zeit keine Chance für den von Kiew gewünschten EU-Beitritt. Dies sagte der französische Präsident Nicolas Sarkozy, derzeit EU-Ratsvorsitzender, am Dienstag in Paris nach einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Viktor Juschtschenko.

"Ich darf keine andere Ankündigung machen", sagte er unter Bezug auf den Streit innerhalb der EU um eine mögliche Beitrittsperspektive. Sarkozy kam es bei dem Pariser EU-Ukraine-Gipfel darauf an, die Ukraine nicht zu entmutigen und ihren großen Nachbarn Russland nicht zu verärgern.

Die EU und die Ukraine wollen im kommenden Jahr ein "Assoziierungsabkommen" über eine engere Zusammenarbeit unterzeichnen. Mit dem Namen soll an frühere Assoziierungsabkommen erinnert werden, die später zu einem EU-Beitritt führten. "Das schließt nichts aus", sagte Sarkozy zu dem Abkommen. Unverzüglich wollen die EU und die Ukraine Verhandlungen beginnen, deren Ziel die Abschaffung des Visazwangs für Ukrainer ist. In einer gemeinsamen Erklärung unterstreicht die EU, "dass die Ukraine ein europäisches Land ist und mit der Europäischen Union eine gemeinsame Geschichte und gemeinsame Werte teilt".

Sarkozy sagte: "Erstmals benutzen wir dieses Vokabular, wenn wir über die Ukraine sprechen." Juschtschenko zeigte sich zufrieden mit dem "historischen" Gipfeltreffen in Paris, bekräftigte aber den Wunsch seines Landes nach Mitgliedschaft in der EU: "Wir haben viel Hoffnung, viel Perspektive." EU-Staaten wie Polen und Schweden setzen sich für möglichst rasche Beitrittsverhandlungen ein, während andere Staaten lediglich eine "Verdichtung" der Beziehungen ohne Beitrittsversprechen wollen.

"Kein Gleichgewicht der Sicherheit"

Zur Kaukasus-Krise sagte Juschtschenko: "Der Konflikt hat gezeigt, dass es in der Schwarzmeerregion kein Gleichgewicht der Sicherheit gibt." Bedrohungen wie jene, denen sich Georgien ausgesetzt sehe, müssten "eine angemessene Reaktion innerhalb der Europäischen Union finden, um diese Region zu stabilisieren".

Er bezeichnete die russische Schwarzmeerflotte, die im ukrainischen Sewastopol (Krim) stationiert ist, als "Bedrohung der ukrainischen Sicherheit". Wenn diese, wie gegen Georgien, in militärischen Konflikten eingesetzt werde, dann werde auch die Ukraine in solche Konflikte verwickelt. Über die Einsatzmodalitäten müssten daher neue Verhandlungen mit Russland geführt werden.

Sarkozy versicherte, die von der EU beabsichtigte neue "Östliche Partnerschaft" sei nicht gegen Russland gerichtet: "Wir Europäer wollen entspannte Beziehungen mit Russland." Die EU sei an Stabilität und Sicherheit in der gesamten Region interessiert: "Wir wollen uns mit Dialog, Diplomatie und Politik und ganz sicher nicht mit militärischen Mitteln miteinander verständigen." Die territoriale Integrität der Ukraine sei ,,nicht verhandelbar". Er habe aber bei seinem Besuch in Moskau am Montag "auch nicht den Eindruck gehabt, dass diese Frage sich stellt": "Es gibt genügend wirkliche Probleme, als dass wir uns auch noch böse Absichten unterstellen sollten.

Kiew hatte seit der ,,orangenen Revolution'' vor vier Jahren eine stärkere Bindung an den Westen angestrebt, wobei Juschtschenko sowohl die Nato als auch die EU im Auge hat. Die georgische Krise hat diesen Wunsch noch verstärkt. Das in Aussicht gestellte ,,Assoziierungsabkommen'' ist ein kleiner Erfolg für die Ukraine, auch wenn er einstweilen symbolisch bleibt.

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SZ vom 10.09.2008/jtr
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