Süddeutsche Zeitung

Europäische Union:Europäisches Parlament stimmt Taxonomie zu

Gas- und Atomstrom gelten künftig in der EU als nachhaltig und klimafreundlich. Damit schließen sich die Abgeordneten einem Vorschlag der EU-Kommission an.

Das Europäische Parlament hat dafür gestimmt, Investitionen in Gas- und Atomstrom unter bestimmten Bedingungen als nachhaltig zu klassifizieren. Im Europaparlament gelang es Gegnern am Mittwoch nicht, entsprechende Pläne mit einer Abstimmung zu stoppen. Statt der erforderlichen 353 Abgeordneten votierten im Plenum in Straßburg lediglich 278 gegen den Rechtsakt zur sogenannten Taxonomie. Damit gelten Gas- und Atomstrom als umweltfreundlich, die sogenannten Taxonomie-Regeln dürften für den Finanzmarkt ab 2023 greifen.

Die Taxonomie ist ein Klassifikationssystem, das private Investitionen in nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten lenken und so den Kampf gegen den Klimawandel unterstützen soll. Für Unternehmen ist es relevant, weil es die Investitionsentscheidungen von Anlegern beeinflussen und damit zum Beispiel Auswirkungen auf Finanzierungskosten von Projekten haben könnte. Investoren sollen zudem in die Lage versetzt werden, Investitionen in klimaschädliche Wirtschaftsbereiche zu vermeiden. In einem ersten Schritt wurde bereits im vergangenen Jahr entschieden, die Stromproduktion mit Solarpaneelen, Wasserkraft oder Windkraft als klimafreundlich einzustufen. Zudem wurden Kriterien für zahlreiche andere Wirtschaftsbereiche festgelegt. Sie regeln beispielsweise, dass der Personen- und Güterzugverkehr ohne direkte CO₂-Abgasemissionen als klimafreundlich eingestuft werden kann.

Zukünftig profitieren also auch Gas- und Atomkraftwerke von Investitionen in Klimafonds. Bevor diese beiden Technologien tatsächlich ein Öko-Siegel erhalten, müssen aber noch juristische Schritte abgewartet werden. Vorab hatten Österreich und Luxemburg angekündigt, gegen die Taxonomie zu klagen, sollten Gas- und Atomkraft als nachhaltig klassifiziert werden. Die Umsetzung des Kommissionsvorschlags kann noch verhindert werden, wenn sich bis zum 11. Juli mindestens 20 EU-Staaten zusammenschließen, die mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU vertreten.

Dass eine entsprechende Mehrheit im Rat der EU zustande kommt, gilt allerdings wegen des Interesses vieler Staaten an der Nutzung von Kernkraft als ausgeschlossen. Die Abstimmung im Parlament galt zuvor als völlig offen, weil das Vorhaben der EU-Kommission sehr umstritten ist. An den Plänen hatten besonders Klimaschützer Kritik geäußert. Die Kommission hatte ihren Plan mit einem möglichen Anstieg des Strombedarfs begründet.

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