Krieg in der UkraineEU plant Sanktionen gegen Nord-Stream-Pipelines

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Nach einem Sprengstoffanschlag auf die Pipeline Nord Stream 2 im September 2022 brodelt in der Nähe der dänischen Insel Bornholm die Ostsee.
Nach einem Sprengstoffanschlag auf die Pipeline Nord Stream 2 im September 2022 brodelt in der Nähe der dänischen Insel Bornholm die Ostsee. (Foto: Danish Defence Command/dpa)

Ein neues Sanktionspaket aus Brüssel soll es vorerst unmöglich machen, die beschädigten Röhren in der Ostsee zu reparieren und in Betrieb zu nehmen. Der Bundesregierung wäre das nur recht.

Von Hubert Wetzel, Brüssel

Die Europäische Union will verhindern, dass die beschädigten deutsch-russischen Nord-Stream-Gaspipelines in der Ostsee in absehbarer Zeit repariert und wieder in Betrieb genommen werden können. Das 18. Sanktionspaket der EU gegen Russland, dessen erster Entwurf am Dienstag in Brüssel vorgestellt wurde, soll daher jegliche Geschäftstätigkeit verbieten, die direkt oder indirekt die Pipelines betrifft.

Zwar fließt durch die Pipeline Nord Stream 1 schon seit mehreren Jahren kein Gas mehr, weil Russland die Lieferungen nach dem Überfall auf die Ukraine eingestellt hat. Durch die Pipeline Nord Stream 2 wurde sogar noch nie Gas transportiert, weil die Bundesregierung wegen des russischen Angriffs die letzte notwendige Betriebsgenehmigung verweigert hat. Zudem sind drei der insgesamt vier Nord-Stream-Röhren bei einem Sprengstoffanschlag im September 2022 schwer beschädigt worden. In der Praxis hätten EU-Sanktionen gegen die Pipelines daher keine negativen Folgen für die derzeitige Versorgung Deutschlands mit Erdgas, ebenso wenig wie für die russischen Gasexporte und die Einnahmen, die Moskau damit erzielt.

Die Inbetriebnahme der Pipelines könnte in einem Abkommen zwischen den USA und Russland festgeschrieben werden

Allerdings gibt es seit einiger Zeit Spekulationen, dass eine Inbetriebnahme der Nord-Stream-Pipelines ein Bestandteil eines amerikanisch-russischen Abkommens zur Beendigung des Kriegs in der Ukraine werden könnte. In diesem Fall stünde die Bundesregierung unter erheblichem Druck aus Washington, das zu genehmigen, obwohl sie daran keinerlei Interesse hat. Die Stilllegung der Pipelines über offizielle EU-Sanktionen abzusichern, die ein EU-Land auch auf amerikanische Aufforderung hin nicht einfach ignorieren kann, käme Berlin daher entgegen. Für diesen Passus des 18. Sanktionspakets darf die EU-Kommission daher mit Unterstützung aus Berlin rechnen.

Darüber hinaus enthält der von der EU-Kommission ausgearbeitete Vorschlag eine Reihe weiterer Strafmaßnahmen. So sollen einige Dutzend weitere Tankschiffe der sogenannten Schattenflotte mit Sanktionen belegt werden, die illegal russisches Öl transportieren, ebenso etliche Firmen in Russland, in den Vereinigten Arabischen Emiraten und in China, die diesen Transport organisieren. Zum ersten Mal soll auch ein Kapitän, der einen solchen Schattentanker befehligt, auf die Liste der Personen gesetzt werden, denen in der EU ein Einreiseverbot und die Beschlagnahme ihres Vermögens drohen. Außerdem will die EU den Import von raffinierten Erdölprodukten verbieten, die auf russischem Öl basieren.

Brüssel will Trump mit dem Paket unter Zugzwang setzen

Den Höchstpreis, zu dem Russland sein Öl auf dem Weltmarkt verkaufen können soll, will die EU von derzeit 60 auf 45 Dollar pro Fass senken. Das allerdings ist nur im Rahmen der Gruppe der sieben führenden Industriestaaten (G7) machbar, zu denen die USA zählen – sprich: Präsident Donald Trump. Und der hat in den vergangenen Wochen trotz gelegentlicher Drohungen in Richtung Moskau keine Bereitschaft erkennen lassen, durch härtere Sanktionen den Druck auf Russland zu erhöhen.

Mit dem 18. Sanktionspaket will Brüssel nun Trump – sofern das möglich ist – unter Zugzwang setzen. Es war kein Zufall, dass die neuen Maßnahmen, die noch längst nicht beschlossen sind, sondern in den kommenden Wochen unter den 27 Mitgliedsstaaten im Detail ausgehandelt und dann einstimmig gebilligt werden müssen, am Dienstag schon prominent verkündet wurden: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und die Außenbeauftragte der Union, Kaja Kallas, traten dazu persönlich vor die Medien.

Im Kongress in Washington liegt derzeit ein überaus harsches Sanktionsgesetz, das der republikanische Senator Lindsey Graham geschrieben hat. Es sieht unter anderem Strafzölle in Höhe von 500 Prozent gegen alle Länder vor, die von Russland noch Öl oder Gas kaufen. Derartige Sekundärsanktionen wären im Interesse der EU, allerdings kann das Graham-Gesetz kaum ohne Trumps Plazet verabschiedet werden. Und dem Vernehmen nach dringt der Präsident momentan eher darauf, dass Grahams drakonische Vorschläge abgeschwächt werden.

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