Entsprechend haben zum Beispiel die Palästinenser auf die Blockade des Gaza-Streifens seit 2007 durch Israel, die USA und Ägypten reagiert. Für das Regime in Teheran könnte das Leid der Zivilgesellschaft, das durch das Embargo entsteht, eine gute Gelegenheit sein, von hausgemachten Schwierigkeiten abzulenken. Und gerade vor den Parlamentswahlen im März 2012 erwarten Experten, dass Politiker aus allen Lagern eher als patriotische Hardliner auftreten und keine Kompromissbereitschaft gegenüber dem Westen signalisieren werden. Viele Iraner betrachten den Bau von Atomkraftwerken und sogar die Entwicklung von Atombomben als ihr gutes Recht. Schließlich verfügt Israel ebenfalls über Kernwaffen. Letztlich besteht die Gefahr, dass unter dem wirtschaftlichen Druck sogar ein möglicher demokratischer oder sozialer Fortschritt im Lande gebremst wird.
Das Embargo gegen Iran wird demnach vermutlich große Auswirkungen auf die Wirtschaft, das Wohlergehen der Bevölkerung und die Politik dort haben. Die möglichen Folgen allerdings sind noch unklar.
Wie wird Iran reagieren?
Prinzipiell lässt sich nicht ausschließen, dass die Reaktionen der Bevölkerung und der Regierung in Iran so ausfallen werden, wie der Westen es sich erhofft: Teheran könnte einlenken. Manche Fachleute befürchten allerdings, dass die Maßnahmen den Konflikt zwischen Iran und dem Westen eskalieren lassen und es zu bewaffneten Auseinandersetzungen oder sogar einem Krieg kommen könnte.
Bereits Ende Dezember hatte Teheran angesichts der bevorstehenden Entscheidung der EU damit gedroht, die Straße von Hormus zu sperren. Dass daraufhin Kriegsschiffe aus den USA, Großbritannien und Frankreich die Meerenge passierten, sollte Iran demonstrieren, man werde eine solche Maßnahme nicht akzeptieren.
Doch es ist unklar, ob sich Teheran einschüchtern lässt. "Iran ist durch das Embargo wirtschaftlich getroffen und muss praktisch reagieren", erklärt Albert Stahel. "Es ist durchaus denkbar, dass die iranische Führung die Straße von Hormus verminen lässt. Minen zu verlegen ist relativ billig und einfach."
Gerade angesichts der zunehmenden Spannung zwischen Iran und dem Westen ist dem Regime in Teheran eine solche Maßnahme zuzutrauen. So haben die Iraner trotz aller Proteste eine unterirdische Urananreicherungsanlage in Betrieb genommen. Den Sturm auf die britische Botschaft im November 2011 hat die iranische Regierung offenbar zugelassen. Dann wurde ein US-Bürger wegen Spionage zum Tode verurteilt. Und der Mord an einem iranischen Atomwissenschaftler ist laut Teheran ein von Israel und den USA organisiertes Attentat gewesen. Es ist also nicht zu erwarten, dass aus Iran oder dem Westen nun Zeichen der Deeskalation kommen.
Wird Iran tatsächlich versuchen, die Straße von Hormus zu sperren, dann dürfte es zur bewaffneten Auseinandersetzung mit den USA und anderen westlichen Ländern kommen. Fachleute befürchten, dass sich daraus ein regionaler Konflikt mit den arabischen Erdölmonarchien entwickeln könnte - und dass Israelis und Amerikaner die Atomanlagen Irans angreifen werden. Die kommenden Tage, Wochen und Monate werden über Krieg und Frieden im Nahen Osten entscheiden.