EU-Sanktionen gegen Iran:Welche Folgen das Öl-Embargo hat

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Kräftemessen mit Iran: Die EU geht im Streit um das Atomprogramm auf Konfrontationskurs - und will das Regime in Teheran mit einem Öl-Embargo zurück an den Verhandlungstisch zwingen. Doch werden die Sanktionen auch für Europa Folgen haben? Kommt es möglicherweise zum Öl-Krieg? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Michael König, Markus Schulte von Drach und Kathrin Haimerl

Es ist die bislang schärfste Sanktion gegen das Regime in Teheran: Die EU-Außenminister haben am Montag nach zähen Verhandlungen beschlossen, alle iranischen Öleinfuhren in die Union vom 1. Juli an zu verbieten. So soll Iran dazu bewegt werden, von seinem Atomprogramm Abstand zu nehmen - oder zumindest internationale Kontrolle zuzulassen.

Straße von Hormus

Öltanker sind am Ende der Straße von Hormus zu sehen. Sollte Iran diese Straße blockieren, würden der EU 450.000 Barrel täglich fehlen.

(Foto: dpa)

Steigt jetzt der Preis für Öl?

Die Ölpreise sind am Dienstag - einen Tag nach dem angekündigten Öl-Embargo - nur leicht gestiegen: So kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im März am Morgen 110,80 US-Dollar - 22 Cent mehr als zu Wochenbeginn. Der Preis für ein Fass der US-Sorte WTI (West Texas Intermediate) stieg ebenfalls nur geringfügig um 26 Cent auf 99,84 Dollar.

Rohstoff-Experte Carsten Fritsch von der Commerzbank schätzt, dass diese Preissteigerungen lediglich eine "generelle Marktstimmung" wiedergeben. Auf die beschlossenen EU-Sanktionen seien diese nicht zurückzuführen, da diese Maßnahmen bereits zuvor durchgesickert seien.

Viel hänge davon ab, ob Iran an den Verhandlungstisch zurückkehrt. Aber auch wenn die EU vom 1. Juli an das Embargo durchsetzt, muss dies auf mittlere Sicht nicht zwangsläufig zu einer Preissteigerung führen, denn: "Libyen spielt als Öllieferant eine wesentlich größere Rolle als Iran", sagt Fritsch zu Süddeutsche.de. Und das Land kehre nun auf den Markt zurück.

Anders fällt die Einschätzung des Experten aus, sollte Iran seine Drohung wahrmachen und die Straße von Hormus blockieren. Denn dann wären 20 Prozent des weltweiten Ölangebots - aus den arabischen Golfstaaten - abgeschnitten, dem europäischen Markt würden 450.000 Barrel täglich fehlen. In diesem Fall wäre es Fritsch zufolge denkbar, dass der Ölpreis die Rekordmarken von 2008 erreicht - am 11. Juli lag diese für die Nordseesorte Brent bei 147,50 US-Dollar pro Barrel, der Liter Benzin kostete zu diesem Zeitpunkt an den Tankstellen im Schnitt 1,55 Euro.

Wie sehr trifft das Embargo die EU selbst?

Insgesamt ist die Abhängigkeit der EU von iranischem Öl eher gering. Die Einfuhren aus Iran machten nach Angaben der EU-Kommission im ersten Quartal 2011 lediglich 4,4 Prozent des Rohöls in der EU aus. Allerdings sind die EU-Staaten unterschiedlich stark auf iranisches Öl angewiesen: Großabnehmer sind die krisengeschüttelten EU-Staaten Italien, Spanien und Griechenland.

Am stärksten trifft das Embargo der EU ausgerechnet Griechenland: Nach Angaben der Internationalen Energiebehörde bezog das Land im vergangenen Jahr 34,2 Prozent seines Öls aus Iran. Der Grund ist die Schuldenkrise, berichtet das Handelsblatt unter Berufung auf Branchenkreise: Demnach gewähre Iran Griechenland großzügige Zahlungsziele. Die Suche nach Alternativen zum iranischen Öl dürfte für das Land schwierig werden: Die meisten Öl-Exporteure dürften aus Angst vor dem drohenden Bankrott des Landes auf Vorkasse bestehen. Einspringen könnten möglicherweise osteuropäische Länder.

Wie ist die Stimmung in den USA?

Wenn man den Demoskopen glauben darf, ist das amerikanische Volk gespalten, was den Umgang mit Iran angeht. Einer Umfrage des Pew Research Centers zufolge sprachen sich Anfang Januar 41 Prozent gegen einen militärischen Konflikt mit Iran aus. 50 Prozent gaben allerdings an, die USA sollten gegenüber Teheran "klar Stellung beziehen".

Aus der Politik sind differenzierte Antworten derzeit schwer zu bekommen. Es herrscht Wahlkampf, die Republikaner suchen einen Herausforderer für Barack Obama. Die Kandidaten präsentieren sich mehrheitlich als Hardliner, wenn es um Iran geht. "Wenn ihr mich zum Präsidenten wählt, wird Iran keine Atomwaffen haben", sagte Mitt Romney, der nach seiner Niederlage bei der Vorwahl in South Carolina angeschlagene Favorit.

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