Die EU hat die Verbreitung von vier Medien verboten, die von Moskau aus gesteuert werden und russische Staatspropaganda in Europa veröffentlichen. Ein entsprechender Beschluss der 27 EU-Regierungen wurde am Freitag in Brüssel verkündet. Unter den Medien, die künftig nicht mehr publiziert werden dürfen, ist auch das Nachrichtenportal Voice of Europe, das im Mittelpunkt eines politischen Bestechungsskandals steht. Die Betreiber sollen unter anderem dem deutschen AfD-Politiker Petr Bystron eine fünfstellige Summe dafür bezahlt haben, dass er in Interviews Russlands Sicht auf den Krieg gegen die Ukraine unterstützt. Auch der AfD-Europaabgeordnete Maximilian Krah trat bei Voice of Europe auf. Beide bestreiten, Geld von dem Portal angenommen zu haben. Zumindest im Fall Bystron ist die Indizienlage allerdings schwerwiegend.
Europäische Geheimdienste vermuten, dass Voice of Europe sich zwar als journalistische Publikation tarnt - und sich auf diese Weise auch Zugang zum Europaparlament für vermeintliche Interviews erschlichen hat -, dass das Portal in Wahrheit aber nur ein Vehikel für die russische Regierung ist, um vor der Europawahl die öffentliche Meinung in der EU zu ihren Gunsten zu beeinflussen und russlandfreundlichen Kandidaten zu helfen - eine klassische Desinformationskampagne. Neben Voice of Europe dürften laut dem EU-Beschluss auch drei weitere Medien nicht mehr in der Union verbreitet werden, die unter Kontrolle des Regimes in Moskau stehen und dessen Propaganda publizieren: die Nachrichtenagentur Ria Nowosti sowie die Zeitungen Rossijskaja Gaseta und Iswestija.
Die Regeln gelten nicht für die journalistische Arbeit
Alle diese Medien stünden unter der "dauerhaften direkten oder indirekten Kontrolle der Führung der Russischen Föderation", hieß es in einer Stellungnahme der EU vom Freitag. Sie "spielen eine wesentliche Rolle dabei, Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine voranzutreiben und zu unterstützen und Nachbarländer zu destabilisieren". Während Voice of Europe vor Bekanntwerden des Manipulationsskandals wohl eher ein Nischenmedium war, das rechts- und linksextreme Russland-Freunde ansprach, zählen die anderen sanktionierten Publikationen zu den größten und bekanntesten Russlands. Die Iswestija gab es schon zu Sowjetzeiten, die Rossijskaja Gaseta ist das offizielle russische Regierungsblatt. Die Meldungen von Ria Nowosti werden auch von westlichen Medien gelesen, um über offizielle Stellungnahmen Bescheid zu wissen.
Die EU-Sanktionen gegen die Medien beschränken sich ausdrücklich nur auf deren Sendetätigkeit, also deren Verbreitung, die in der Praxis in der EU fast ausschließlich über das Internet stattfinden dürfte. Die Arbeit der Angestellten dieser Medien in der EU ist von dem Verbot nicht betroffen, die Mitarbeiter - manche vielleicht echte Journalisten, andere kaum mehr als Propagandisten - dürfen weiter recherchieren und Beiträge verfassen. Brüssel will Moskau offenbar keinen Vorwand liefern, weitere westliche Korrespondenten aus Russland auszuweisen.
Das Medienverbot war ursprünglich Teil des 14. Sanktionspakets gegen Russland, über das die EU-Regierungen derzeit verhandeln. Die Strafmaßnahmen gegen die Publikationen wurden auf Drängen Tschechiens, dessen Geheimdienst den Voice-of-Europe-Skandal aufgedeckt hatte, aber ausgekoppelt und separat verabschiedet, ohne auf eine Einigung auf das gesamte Paket zu warten. Die Propagandaplattformen sollten möglichst schnell verboten werden, damit sie im Europawahlkampf möglichst wenig Schaden anrichten können.