EU-Reformvertrag:Tschechien sagt Unterschrift zu

Die Regierung in Prag will den EU-Reformvertrag noch dieses Jahr ratifizieren - obwohl Präsident Vaclav Klaus noch Widerstand leistet.

Cerstin Gammelin

Trotz der Verfassungsklage gegen den EU-Vertrag von Lissabon und der kritischen Haltung von Präsident Vaclav Klaus hat der tschechische Ministerpräsident Jan Fischer am Mittwoch zugesagt, dass die Ratifizierung des Reformabkommens in seinem Land nur noch eine Frage der Zeit sei.

Bereits Mitte kommender Woche werde das Verfassungsgericht bekanntgeben, wann es endgültig über die Klage gegen den Vertrag entscheiden werde, so Fischer. Er sei "felsenfest" davon überzeugt, dass Präsident Klaus seinen Widerstand aufgeben und den Vertrag unterzeichnen werde. Tschechien könne die Ratifizierung wahrscheinlich bis Ende des Jahres abschließen. Fischer war per Video zu einer Pressekonferenz in Brüssel mit EU-Kommissionspräsident, José Manuel Barroso, dem schwedischen Regierungschef und amtierenden EU-Ratspräsidenten, Fredrik Reinfeldt, sowie dem Präsidenten des Europaparlaments, Jerzy Buzek, zugeschaltet. "In Tschechien heißt das Problem nicht Ja oder Nein, sondern wann", erklärte Fischer.

Barroso kündigte an, dass der polnische Präsident Lech Kaczynski den Lissabon-Vertrag noch in dieser Woche unterzeichnen werde. Nur aus Tschechien und Polen fehlen die Unterschriften der Staatspräsidenten unter den europäischen Reformvertrag noch. Dieser kann erst in Kraft treten, wenn er in allen 27 Staaten gebilligt ist. Klaus will erst unterschreiben, wenn das Verfassungsgericht über eine Klage von 17 Senatoren gegen den Vertrag entschieden hat.

An den Unterschriften hängt auch die Entscheidung, auf welcher Grundlage die neue Europäische Kommission gebildet werden kann.Bisher handelt die Kommission auf Basis der Verträge von Nizza. Da aber unklar ist, ob der Reformvertrag von Lissabon in Kraft treten wird, hat auch die Bildung der neuen Kommission noch nicht begonnen. Reinfeldt kündigte an, in den kommenden Tagen selbst nach Prag zu fahren, um mit der gesamten tschechischen Regierung über die Situation zu sprechen. Parlamentspräsident Buzek reist an diesem Freitag in die tschechische Hauptstadt. Ob Klaus die beiden EU-Politiker empfängt, sei "noch nicht bestätigt". Reinfeldt und Buzek betonten, keinen Druck auf Klaus ausüben zu wollen. Es solle jedoch darüber gesprochen werden, welche Auswirkungen das tschechische Zögern auf die 500 Millionen Europäer habe.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: