Kurz vor der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft durch Rumänien hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker die Eignung des Landes für diesen Posten angezweifelt. Rumänien sei zwar "technisch gut vorbereitet" auf den sechsmonatigen Vorsitz, sagte Juncker der Welt am Sonntag. Er glaube aber, dass die Regierung in Bukarest noch nicht in vollem Umfang begriffen habe, "was es bedeutet, den Vorsitz über die EU-Länder zu führen".
Für ein umsichtiges Handeln brauche es auch "die Bereitschaft, anderen zuzuhören und den festen Willen, eigene Anliegen hintenan zu stellen", betonte Juncker. "Da habe ich einige Zweifel." Zudem sei der interne Zustand Rumäniens derzeit so, dass das Land nicht als "kompakte Einheit" in Europa auftreten könne.
Ausschluss der ungarischen Fidesz-Partei gefordert
Rumänien übernimmt am 1. Januar erstmals seit seinem EU-Beitritt 2007 die EU-Ratspräsidentschaft. Im November hatte die EU-Kommission Bukarest erhebliche Defizite bei Rechtsstaatlichkeit und Korruptionsbekämpfung bescheinigt. Der Reformprozess in Rumänien sei ins Stocken geraten, es seien Rückschritte gemacht worden, hieß es in dem Bericht.
Im Zentrum der Kritik steht ein geplantes Amnestiegesetz für korrupte Beamte und Politiker. Außerdem fürchtet Brüssel eine Schwächung der Unabhängigkeit der rumänischen Justiz durch die Reformen der Regierung.
Juncker sprach sich zudem für einen Ausschluss der ungarischen Fidesz-Partei aus der konservativen Parteienfamilie EVP aus: "Ich habe in der Europäischen Volkspartei beantragt, die ungarische Fidesz-Partei von (Ministerpräsident) Viktor Orban auszuschließen. Ich finde die christdemokratischen Werte, auf denen die EVP fußt, sind nicht länger vereinbar mit der Politik von Fidesz." Sein Antrag sei aber abgelehnt worden, sagte Juncker.