Wölfe sollen in der EU künftig leichter abgeschossen werden können. Eine Mehrheit der Abgeordneten des Europäischen Parlaments stimmte in Straßburg im Eilverfahren dafür, den Status von „streng geschützt“ auf „geschützt“ abzusenken. Die Maßnahme muss noch von den EU-Mitgliedsstaaten angenommen werden, was aber als wahrscheinlich gilt. Viele Länder wollen Wölfe vermehrt abschießen, um Weidetiere zu schützen.
Konkret soll die sogenannte Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) in Bezug auf den Wolf geändert werden. So hätten die Mitgliedsstaaten mehr Spielraum im Umgang mit ihren Wolfspopulationen – unter der Bedingung, einen „günstigen Erhaltungszustand“ als übergeordnetes Ziel zu wahren.
Nach diesem Beschluss könne auch Deutschland das nationale Recht ändern, damit der reduzierte Schutzstatus für Wölfe wirksam werde, sagte eine Sprecherin des Bundesumweltministeriums. Dazu seien Änderungen im Bundesnaturschutzgesetz und gegebenenfalls im Bundesjagdgesetz notwendig.
Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung ist festgehalten, dass die Entscheidung auf EU-Ebene unverzüglich in deutsches Recht übernommen werden soll. „Auch künftig bleibt der Wolf eine geschützte Tierart“, so eine Sprecherin. In Zukunft könnten problematische Wölfe aber einfacher abgeschossen werden. Auch der Bundesrat hatte zuletzt zu einem leichteren Abschuss gedrängt.
Der neue Bundesagrarminister Alois Rainer (CSU) begrüßt den Beschluss. Man werde für klare und praktikable Regeln sorgen, den Herdenschutz voranbringen und den Ländern einen rechtssicheren Abschuss ermöglichen.
Die Diskussion über den Wolf wird emotional geführt
Kritik zu dem Beschluss des Europäischen Parlaments, den Schutzstatus von Wölfen in der EU abzusenken kommt unter anderem von den Grünen. Sie bemängeln, es gebe keine wissenschaftliche Grundlage für die Entscheidung. Nutztiere wie Schafe könnten auch ohne mehr Abschüsse besser geschützt werden.
Der Europaabgeordnete Sebastian Everding von der deutschen Tierschutzpartei empfindet das gesamte Vorgehen als „skandalös“. „Wir befinden uns im rasantesten Artensterben der Erdgeschichte und die EU hat auf ein von Menschen zu verantwortendes Problem – Weidehaltung ohne ausreichenden Herdenschutz – nur das Töten einer streng geschützten Art als Antwort.“
Der umweltpolitische Sprecher der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament, Peter Liese, betont hingegen: „Die Menschen haben Angst vor dem Wolf.“ Zwar habe es bislang glücklicherweise keine tödlichen Angriffe auf Menschen gegeben, bei Haustieren sehe das jedoch anders aus.
Die Diskussion über den Wolf wird emotional geführt. Risse von Nutztieren wie Schafen und Rindern häufen sich und sind nach Angaben von Landwirten für die Weidetierhaltung ein spürbares Problem. 2023 kamen nach Angaben der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) 5727 Tiere zu Schaden, der Großteil davon waren Schafe.
Ob das Herabsetzen des Schutzstatus eine Lösung bringt, bezweifelt die WWF-Progammleiterin Sybille Klenzendorf: „Konflikte zwischen Wölfen und Nutztieren lassen sich nicht ziellos mit dem Jagdgewehr lösen“, sagt sie. Das wirksamste Mittel zur Reduzierung von Nutztierrissen seien Schutzmaßnahmen wie Elektrozäune und Herdenschutzhunde. Es sei daher dringend notwendig, unbürokratisch in die Unterstützung von Weidetierhaltern zu investieren.
Laut Bundesumweltministerium wurde im Monitoringjahr 2023/2024 ein Bestand von 1600 Wölfe in Deutschland nachgewiesen – Tendenz steigend. Der deutsche Bauernverband geht von 1800 bis 3300 Tieren aus. Das Europäische Umweltbüro (EEB) – ein Dachverband von Umweltorganisationen – schätzt, dass es in Europa inzwischen wieder mehr als 20 000 Tiere gibt.