Süddeutsche Zeitung

EU-Parlament:Rechtspopulisten scheitern bei Fraktionsbildung

Auf mehr Redezeit und Geld müssen die Rechtspopulisten und Rechtsextremen im Europaparlament vorerst verzichten. Den Parteien ist es nicht gelungen, eine eigene Fraktion zu bilden. Der Chef der niederländischen Freiheitspartei, Geert Wilders, verweist zur Begründung auf eine sehr radikale Partei aus Polen.

  • Pläne zur Bildung einer Fraktion von Rechtspopulisten und Rechtsextremen im EU-Parlament vorerst gescheitert
  • Wilders und Philippot halten Fraktionsbildung im Laufe des Jahres für möglich

Rechtspopulisten im EU-Parlament scheitern bei Fraktionsbildung

Die Bildung einer rechtspopulistischen Fraktion im Europaparlament ist nach Angaben der niederländischen Freiheitspartei gescheitert. Es sei nicht gelungen, bis Fristablauf am Dienstag ein Bündnis zu bilden, teilte Parteichef Geert Wilders mit. Seine Partei wolle nicht um jeden Preis eine Fraktion bilden. Ähnlich äußerte sich der Vize-Chef des französischen Front National (FN), Florian Philippot, im Radiosender Europe 1.

Ursache des Scheiterns: Vorbehalte gegen die radikale polnische KNP

Wilders und Philippot zufolge waren es vor allem Vorbehalte gegenüber der polnischen Partei Kongress der neuen Rechten (KNP), die ein Zustandekommen einer gemeinsamen Fraktion verhinderten. Eine Kooperation mit der KNP wäre für ihn zu weit gegangen, sagte Wilders. FN-Vizechef Philippot sagte, mit der niederländischen PVV, der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), der italienischen Lega Nord und dem belgischen Vlaams Belang habe es keine Probleme gegeben. Anders jedoch mit der KNP, deren homophobe und frauenfeindliche Positionen vor allem Wilders gestört hätten.

Fragwürdiger KNP-Parteichef

KNP-Chef Janusz Korwin-Mikke ist ein erklärter Gegner der Europäischen Union. Als Wahlziel hatte er angekündigt, das EU-Parlament auflösen und das Gebäude in ein "Bordell" umwandeln zu wollen. Außerdem fordert er die Abschaffung des Wahlrechts für Frauen. Seine Begründung: Frauen seien weniger intelligent als Männer. Zur Vergewaltigung in der Ehe sagte er, Frauen gäben immer vor, etwas Widerstand zu leisten, das sei normal. Daher müssten Männer entscheiden, was zu tun sei. Diese Aussage fürhte sogar zu Ermittlungen gegen den Parteichef.

Wie es weitergeht

Was die weitere Entwicklung angeht, zeigte sich Wilders dennoch zuversichtlich. Er hoffe, dass die Bildung einer Allianz noch im Jahresverlauf gelinge. Er wolle weiter mit anderen gleichgesinnten Parteien aus Österreich, Belgien und Italien sowie dem rechtsextremen Front National (FN) aus Frankreich zusammenarbeiten, sagte Wilders. Auch Philippot zufolge ist damit eine Fraktionsbildung nicht grundsätzlich vom Tisch. Diese sei auch innerhalb der nächsten fünf Jahre noch möglich. Zunächst einmal sei es gut, dass die Parteien im EU-Parlament vertreten seien. "Das wichtigste ist, dass es uns gibt", sagte Philippot.

Vorteile von Fraktionen

Eine eigene Fraktion von Rechtspopulisten und Rechtsextremen gab es bislang im EU-Parlament nicht. Nach der Europawahl hatte Wilders gemeinsam mit Front-National-Chefin Marine Le Pen sowie weiteren Parteien über die Bildung einer gemeinsamen Fraktion verhandelt. Denn der Fraktionsstatus bietet mehr Redezeit und eine größere finanzielle Unterstützung. Zur Bildung einer Fraktion im Europaparlament müssen sich Abgeordnete aus mindestens sieben der 28 EU-Länder zusammenschließen.

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