Menschenhandel:EU-Parlament will Prostitution eindämmen

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"Deutschland ist mittlerweile auch weltweit als Land für Sex-Tourismus sehr attraktiv", kritisiert Dorothee Bär. (Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

Wer wissentlich den Dienst von sexuell Ausgebeuteten in Anspruch nimmt, soll leichter bestraft werden können, fordern die Abgeordneten.

Im Kampf gegen den Menschenhandel will das Europäische Parlament verstärkt gegen Menschen vorgehen, die Dienste von Opfern wissentlich nutzen. Dabei geht es um Dienste, die mit Ausbeutung einhergehen, gemeint ist insbesondere der Bereich der Prostitution. Die Abgeordneten forderten von den Mitgliedstaaten, eine wissentliche Inanspruchnahme ausdrücklich unter Strafe zu stellen.

Das würde etwa bedeuten, Freier zu bestrafen, denen klar sein müsste, dass die Dienstleistenden Opfer von Menschenhandel sind. Der Nachweis sei schwierig zu erbringen, heißt es in einem Parlamentsbericht, dem die Abgeordneten zustimmten, wie am Mittwoch mitgeteilt wurde. Deshalb regen sie in einer Entschließung an, die Hürden für die Strafverfolgung zu senken.

Zwischen Prostitution und Menschenhandel besteht ein enger Zusammenhang, weil viele Opfer von Menschenhandel in diesem Bereich arbeiten. Von Menschenhandel wird gesprochen, wenn Personen unter Androhung oder Anwendung von Gewalt oder anderen Formen der Nötigung und des Machtmissbrauchs angeworben, befördert oder beherbergt werden, um sie auszubeuten.

Dabei geht es überwiegend, zu 60 Prozent, um sexuelle Ausbeutung. Es ist ein "geschlechtsspezifisches Verbrechen": Opfer sind laut dem Bericht zu mehr als 90 Prozent Frauen und Mädchen, "wohingegen 70 Prozent der mutmaßlichen, strafrechtlich verfolgten und verurteilten Menschenhändler Männer sind".

Die meisten Verbrechen bleiben straflos

Ein großes Problem sehen die Abgeordneten darin, dass die Verbrechen im Zusammenhang mit der sexuellen Ausbeutung sehr oft straflos blieben. Die meisten Opfer würden nicht entdeckt, "während die Zahl der strafrechtlichen Verfolgungen und Verurteilungen von Tätern nach wie vor niedrig ist". Länder wie Schweden, Island und zuletzt auch Frankreich haben ihre Gesetzgebung entsprechend umgestellt.

Dort ist nicht das Angebot, aber die Nachfrage von sexuellen Dienstleistungen unter Strafe gestellt - mit dem Argument, dass man die sexuelle Ausnutzung von Frauen am wirksamsten verhindere, indem man die Nachfrage austrockne. Auch in Deutschland fordern Anti-Prostitutions-Gruppen und Teile der Unionsfraktion seit Jahren ein ähnliches Sexkaufverbot.

Das EU-Parlament nimmt zu der Diskussion insofern Stellung, als es ebenfalls auf die "Verringerung der Nachfrage" abzielt, die sich durch eine "Kriminalisierung der Inanspruchnahme von Dienstleistungen" erreichen lasse. Freiern ist es erfahrungsgemäß aber kaum nachzuweisen, dass sie im Bilde sind über die Lebensumstände von Prostituierten. Deswegen wollen die Abgeordneten die Beweislast umkehren.

Künftig sollten Menschen selber beweisen, "alle zumutbaren Schritte" unternommen zu haben, um sicherzugehen, dass sie keine Dienstleistungen in Anspruch nehmen, die von einem Opfer des Menschenhandels erbracht wird. Die Sozialdemokratin Maria Noichl betonte, Käufer seien in diesem Zusammenhang Täter, und auf der Täterseite müsse genauso heftig und kräftig agiert werden wie beim Opferschutz.

EU-Innenkommissarin Ylva Johansson unterstützte die EU-Abgeordneten. "Es ist offensichtlich, dass wir mehr tun müssen", sagte sie in der Plenardebatte am Montag und kündigte die Ernennung eines Anti-Menschenhandel-Koordinators an. Risikosektoren für Ausbeutung aus dem Menschenhandel wie etwa die Landwirtschaft oder das Bauwesen müssten angegangen, Straflosigkeit beendet und das Abschöpfen von Vermögen aus dem Menschenhandel in den Blick genommen werden.

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