Europäisches Parlament: Jean-Claude Juncker: "Patrioten gehen nicht von Bord, wenn die Lage schwierig wird"

Der Chef der Europäischen Kommission rechnet im Europaparlament mit den Brexiteers ab. Nicht anwesend: deren Vorkämpfer Nigel Farage.

Der Chef der EU-Kommission, Jean-Claude Juncker, hat im Europaparlament den Rücktritt des Brexit-Vorkämpfers Nigel Farage kritisiert. Die "strahlenden Brexit-Helden von gestern" seien die "traurigen Brexit-Helden von heute", sagte Juncker mit Blick auf Farage und den zweiten Anführer der Austrittskampagne, Boris Johnson. Farage und Johnson, die den Brexit als Weg zur britischen Unabhängigkeit propagiert hatten, seien keine Patrioten, sagte Juncker. "Patrioten gehen nicht von Bord, wenn die Lage schwierig wird."

Farage hatte am Montag seinen Rückzug als Chef der europaskeptischen UK Independence Party (Ukip) verkündet. Er wolle "sein Leben zurück". Seinen Sitz im Europäischen Parlament will Farage aber behalten. Der Debatte am Dienstag blieb er allerdings fern. Der ehemalige Londoner Bürgermeister Johnson hatte vergangene Woche überraschend erklärt, sich nicht für die Nachfolge des im Herbst scheidenden Premiers David Cameron zu bewerben.

Verhofstadt: "Nur eine Frau kann Großbritannien retten"

Deutliche Kritik am Rückzug der Brexit-Befürworter übten auch andere Abgeordnete des Europaparlamentes. Die Glaubwürdigkeit von Politik werde durch solch verantwortungsloses Verhalten zerstört, sagte Manfred Weber, Chef der konservativen Fraktion. Guy Verhofstadt, Vorsitzender der Liberalen, fühlte sich an "Ratten" erinnert, "die das sinkende Schiff verlassen".

Verhofstadt wagte auch einen Ausblick auf die zukünftigen politischen Anführer Großbritanniens. "Der 'Last Man Standing' im Vereinigten Königreich wird eine Frau sein", prophezeite Verhofstadt. In Theresa May und Andrea Leadsom haben zwei Frauen gute Aussichten, nach David Cameron die Konservative Partei und als Premier das Land zu führen. Auch bei der Labour Party fordert Angela Eagle den angeschlagenen Vorsitzenden Jeremy Corbyn heraus. Es sei wie in den Zeiten von Premierministerin Margaret Thatcher, sagte Verhofstadt: "Nur eine Frau kann Großbritannien retten."