EU-Operation:"Sophias" neue Aufgaben

Flüchtlinge im Mittelmeer gerettet

Mit der Sophia-Mission sollte den Schleppern das Handwerk gelegt werden. Von diesem Ziel ist man weit entfernt. Dennoch spricht die EU von einem Erfolg.

(Foto: Gioia Forster/dpa)

Die EU-Operation im Mittelmeer sollte das Geschäft der Schlepper zerstören, davon ist sie weit entfernt. Nun soll sie auch noch die libysche Küstenwache und Marine ausbilden und Waffenlieferungen an den IS verhindern.

Von Daniel Brössler, Brüssel

Als die EU-Mission mit dem sperrigen Namen Eunavfor Med im Juni 2015 auf den Weg gebracht wurde, sollte es darum gehen, das "Geschäftsmodell" der Schlepper im Mittelmeer zu zerstören. "Das Ziel sind nicht die Migranten. Das Ziel sind die, die mit dem Leben und zu oft mit dem Tod der Flüchtlinge Geld verdienen", sagte damals die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini.

Mehr als ein Jahr danach gedeiht das Geschäftsmodell der Schlepper immer noch. Eunavfor Med, zwischenzeitlich mit dem griffigeren Namen Sophia versehen, ist weit von den ursprünglichen Zielen entfernt. Die EU spricht dennoch von einem Erfolg. 22 000 Menschenleben habe die Mission gerettet, 255 Schlepperboote neutralisiert und 87 mutmaßliche Schleuser nach Italien überstellt. Überdies haben die EU-Staaten die "Eunavfor Med Operation Sophia" nun mit zwei weiteren Aufgaben betraut: Ausbildungshilfe für die libysche Küstenwache und Marine sowie Unterstützung bei der Durchsetzung eines UN-Embargos auf hoher See, das vor allem Waffenlieferungen für die Terrormiliz "Islamischer Staat" in Libyen unterbinden soll.

Eine der letzten Hürden für die Ausbildungsmission war vergangene Woche in Rom ausgeräumt worden. Dort war eine Vereinbarung mit den libyschen Behörden unterzeichnet worden. Diskussionen hatte es auch um die Finanzierung gegeben. Nach Ansicht der EU-Kommission kann sie aus rechtlichen Gründen nicht aus dem EU-Haushalt bestritten werden. Stattdessen müssen die beteiligten EU-Staaten ihre Kosten selbst tragen und nach dem sogenannten Athena-Mechanismus die gemeinsamen Unkosten aufbringen. Gesichert sind bislang die mit 496 000 Euro überschaubaren Kosten für einen ersten 14-wöchigen Ausbildungsblock, den 80 Libyer durchlaufen sollen. Großbritannien und Luxemburg sagten etwa je 100 000 Euro zu. Für die Fortführung des Programms werden allerdings weitere Finanzierungszusagen benötigt.

"Ziel ist es, die Libyer in die Lage zu versetzen, ihre territorialen Gewässer zu schützen", sagt ein hochrangiger EU-Beamter. An der libyschen Küste, wo die Mission Sophia nicht operieren darf, sollen so künftig Leben schiffbrüchiger Migranten gerettet werden. Geplant ist ein dreistufiges Programm mit einer Ausbildung zunächst an Bord von EU-Schiffen auf hoher See, dann an Land und zum Schluss auf Booten der libyschen Küstenwache. Bereits in diesem Tagen soll die libysche Seite die ersten 80 Auszubildenden benennen, die dann zunächst einem Sicherheitscheck unterzogen werden. Ab dem 26. September sollen die Libyer auf einem Schiff der italienischen Marine etwa in Völkerrecht und Seenotrettung unterwiesen werden. Für Oktober ist eine technische Ausbildung auf einem niederländischen Schiff geplant, an der sich auch die Bundeswehr mit mehreren Ausbildern beteiligen soll. Im nächsten Schritt sollen mehrere Hundert Libyer an Land ausgebildet werden, allerdings wegen der Sicherheitslage nicht in Libyen. Malta hat sich bereits als Gastgeber angeboten, im Gespräch sind auch Italien und Griechenland.

Die zweite neue Aufgabe, die Durchsetzung des Waffenembargos, geht vor allem auf französisches Betreiben zurück. Wie umfangreich der Schmuggel von Kriegsgerät über das Mittelmeer nach Libyen tatsächlich ist, gilt in Brüssel als zumindest schwer einzuschätzen. Eunavfor Med soll im Einklang mit der im Juni vom UN-Sicherheitsrat verabschiedeten Resolution 2292 nicht nur den Informationsaustausch verbessern, sondern auch verdächtige Schiffe kontrollieren und gegebenenfalls in einen Hafen bringen können. Zurückhaltend waren die infrage kommenden EU-Staaten aber bislang damit, ihre Häfen hierfür zu öffnen. Nur Frankreich bietet den geografisch eher ungünstig gelegenen Hafen von Marseille an und hat damit den Auftrag an die EU-Mission überhaupt erst ermöglicht. Die EU-Staaten scheuen womöglich die rechtlichen Probleme, die sich aus dem Umgang mit in internationalen Gewässern festgesetzten mutmaßlichen Waffenschmugglern ergeben.

Deutschland ist mit einer Fregatte und einem Tender an der Sophia-Mission beteiligt. Insgesamt tragen 24 Nationen zu dem Einsatz bei. Italien stellt einen Flugzeugträger mit zwei Hubschraubern und ein Hauptquartier in Rom. Das Mandat für die Beteiligung der Bundeswehr sieht eine Personalobergrenze von 950 Soldaten vor, die allerdings bei Weitem nicht ausgeschöpft wird. Derzeit sind nur 129 Soldaten im Einsatz.

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