Europäische Union:Ein neuer Plan für den Westbalkan

Europäische Union: Migranten auf ihrem Weg, hier in der Nähe der serbisch-rumänischen Grenze.

Migranten auf ihrem Weg, hier in der Nähe der serbisch-rumänischen Grenze.

(Foto: Michael Bunel /imago)

Die EU versucht, die illegale Migration zu begrenzen - vor allem Serbiens Präsident Vučić soll seinen Beitrag leisten.

Von Josef Kelnberger, Brüssel

Der serbische Ministerpräsident Aleksandar Vučić ist in Brüssel bekannt als Mann fürs große Drama. Deshalb nahm es vergangene Woche auch niemand wirklich ernst, als Vučić ankündigte, er werde nicht am Westbalkan-Gipfel der Europäischen Union an diesem Dienstag in Albanien teilnehmen - es war eine weitere Eskalation im ewigen Streit von Vučić mit dem Kosovo und dessen Präsidenten Albin Kurti. Am Montag wurde dann bekannt, dass Vučić doch nach Tirana kommen wird. Hätte er gefehlt, wäre es ja auch vor allem zu seinem eigenen Schaden gewesen.

Die Staats- und Regierungschefs der EU wollen beim Westbalkan-Gipfel die Zugehörigkeit von Serbien, Kosovo, Bosnien-Herzegowina, Albanien, Montenegro und Nordmazedonien zur europäischen Familie untermauern. Alle sechs Staaten sind, auf unterschiedlichen Stufen, Anwärter für die Aufnahme in die Europäische Union. Dafür wollen die EU-Staaten aber auch Gegenleistungen, gerade von Vučić. Es geht um Fragen der Migration - ein Thema, das zurzeit in der EU viel Unruhe stiftet.

Die Grenzen sollen schärfer kontrolliert werden

Zur Einstimmung auf den Gipfel stellte die EU-Kommission am Montag einen Aktionsplan vor, der die sogenannte illegale Migration über den Westbalkan eindämmen soll. Seit Januar habe es von dort fast 130 000 Versuche irregulärer Einreisen in die EU gegeben, eine Steigerung um 150 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, teilte die Behörde mit. Die europäische Grenzschutzagentur Frontex soll den sechs Staaten nun Hilfe leisten, die Grenzen schärfer zu kontrollieren und Migranten schneller zu registrieren. Auch will man ihnen helfen, Migranten in ihre Heimatländer zurückzuführen.

Größtes Thema ist allerdings die Visa-Vergabe in den sechs Staaten. Die Westbalkan-Regierungen sollen, so will es die EU, Visa künftig nur noch an Bürgerinnen und Bürger aus Ländern vergeben, die auch ein Abkommen mit der EU haben. Serbien zum Beispiel vergab bislang Visa auch an Menschen aus Burundi und Tunesien; viele von denen nutzten zuletzt diese Gelegenheit, um in EU-Länder weiterzureisen und dort Asylanträge zu stellen. Das sei "nicht akzeptabel", sagte am Montag der für Migrationsfragen zuständige Kommissionsvizepräsident Margaritis Schinas. Vučić hat bereits angekündigt, die Abkommen mit Burundi und Tunesien zu kündigen, weitere sollen folgen. Man erwartet von ihm dazu eine Stellungnahme beim Westbalkan-Gipfel.

Der Aktionsplan für den Westbalkan soll am Donnerstag beim Treffen der Innenministerinnen und Innenminister genehmigt werden, ebenso wie der Aktionsplan für die zentrale Mittelmeer-Route. Den hatte die EU vor zwei Wochen vorgestellt, um den Streit zwischen Italien und Frankreich zu befrieden. Seit sich Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni weigert, den Schiffen von privaten Rettungsorganisationen Zugang zu italienischen Häfen zu gewähren, blockiert Frankreich die Vereinbarung, freiwillig Flüchtlinge aufzunehmen. Die gestiegenen Flüchtlingszahlen in Europa sind auch der Grund dafür, dass die Aufnahme von Kroatien, Bulgarien und Rumänien in den Schengen-Raum nicht mehr als sicher gilt. Auch darüber soll am Donnerstag entschieden werden.

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