Süddeutsche Zeitung

EU-Kommissionschef:Juncker mahnt Athen zu Mäßigung

  • EU-Kommissionspräsident Juncker hat den griechischen Premier Tsipras zu Gesprächen eingeladen, dabei soll es vornehmlich um das Kreditprogramm für Griechenland gehen.
  • Zwischen der neuen griechischen Regierung und den EU-Partnern hatte es in den vergangene Tagen Streit gegeben, jetzt bemüht sich Tsipras um Schadensbegrenzung.

Von Cerstin Gammelin, Brüssel, und Christiane Schlötzer, Athen

Nach den heftigen Streitigkeiten der vergangenen Tage hat EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker die Koordination der Gespräche der EU-Partner mit der neuen Regierung in Griechenland übernommen. Gleichzeitig war der neue Ministerpräsident Alexis Tsipras um Schadensbegrenzung bemüht und sandte versöhnliche Signale an Euro-Staaten, Zentralbank und die Märkte aus.

Wie die EU-Kommission am Sonntag auf Anfrage bestätigte, hat Juncker Premier Alexis Tsipras für diesen Mittwoch nach Brüssel eingeladen. Juncker und Tsipras hatten zuvor am Samstagabend in "offener und freundschaftlicher" Atmosphäre telefoniert und vereinbart, dafür zu sorgen, dass die gegenseitigen Konfrontationen beendet und stattdessen verhandelt werden soll. Beide Seiten seien sich einig gewesen, dass es nötig sei, eine entspanntere Gesprächsatmosphäre zu schaffen.

Gleichzeitig hat Tsipras am Wochenende versucht, die wachsenden Spannungen mit anderen Euro-Staaten und der Europäischen Zentralbank zu reduzieren. Die Korrektur des Mindestlohn-Gesetzes wurde zunächst verschoben. In Interviews mit internationalen Medien bemühten sich Tsipras und sein Finanzminister um die Beruhigung der Märkte. Aus der Bundesregierung in Berlin hieß es, die Euro-Gruppe dürfe sich jetzt nicht spalten lassen.

Im Umfeld des Kommissionspräsidenten hieß es, Juncker habe die Gespräche mit Athen zur Chefsache erklärt und nach Telefonaten mit europäischen Regierungen, darunter in Berlin mit Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble, persönlich an sich gezogen.

Im Zentrum des Treffens von Juncker mit Tsipras steht, wie die Hilfe für Griechenland aufrechterhalten werden kann. Konkret, wie das noch bis 28. Februar laufende Kreditprogramm bis zum Sommer gestreckt und noch vorhandenes Geld ausgezahlt werden kann. Es handelt sich um knapp zehn Milliarden Euro, davon 1,8 Milliarden an zurückbehaltenen Krediten sowie sieben Milliarden nicht genutzte Gelder zur Bankensanierung.

Athen hat es abgelehnt, das Kreditprogramm unter den jetzigen Konditionen zu verlängern, zugleich aber Interesse an weiterer Unterstützung signalisiert. Tsipras macht zur Bedingung, dass die Troika, die Kontrolleure der internationalen Kreditgeber, sein Land nicht mehr betreten. Tsipras schlägt vor, eine zeitliche "Brücke" über vier oder fünf Monate zu schlagen. In dieser Zeit könnten sich die Griechen selbst verpflichten, einige Auflagen zu erfüllen.

Paris hat Athen Unterstützung bei der Suche nach Einigung mit den internationalen Partnern zugesagt, sagte Frankreichs Finanzminister Michel Sapin am Sonntag nach Gesprächen mit seinem griechischen Kollegen Yanis Varoufakis. In Brüssel wurden die Reisen von EU-Politikern nach Athen kritisiert. Die Besuche von Parlamentspräsident Martin Schulz und vor allem Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem hätten Verwirrung und Konfrontationen ausgelöst. Ein hoher EU-Diplomat sagt, er sei "überrascht" gewesen, dass Politiker "ohne konkretes Mandat" nach Athen gereist seien.

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SZ vom 02.02.2015/fran
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