Süddeutsche Zeitung

EU-Kommission:Von der Leyens Truppe - so gut wie paritätisch

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Von Matthias Kolb, Brüssel

Knapp zwei Monate, nachdem Ursula von der Leyen mit denkbar knapper Mehrheit vom Europaparlament zur ersten Präsidentin der EU-Kommission gewählt wurde, wird sie an diesem Dienstag mitteilen, wer in ihrem Team welches Portfolio übernehmen soll. Ihre politischen Leitlinien für die Zeit bis 2024 hat die CDU-Politikerin mit "Eine Union, die mehr erreichen will" überschrieben. Die Aufgabenverteilung im Kollegium wird andeuten, welche Prioritäten sie setzt und wer ihre Stützen sein werden.

Völlig freie Hand hatte von der Leyen, die keine Spitzenkandidatin bei der Europawahl war, jedoch nicht. Im Juli bestimmten die Staats- und Regierungschefs nicht nur den Spanier Josep Borrell zum nächsten EU-Außenbeauftragten, sondern wiesen dem Sozialdemokraten Frans Timmermans und der dänischen Liberalen Margrethe Vestager herausgehobene Rollen als Vizepräsidenten zu.

Seit Tagen machen in Brüssel viele Gerüchte die Runde, doch es gilt als sicher, dass der Niederländer für das Großthema Klima verantwortlich sein soll, während sich die bisherige Wettbewerbskommissarin Vestager um digitale Wirtschaft kümmert.

Bis von der Leyen um zwölf Uhr im Pressesaal der Kommission ihre Personalentscheidungen erläutert, sind noch Änderungen möglich, doch vieles scheint unstrittig. Demnach soll Sylvie Goulard, Vertraute von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, das begehrte Ressort Wettbewerb erhalten, und der Italiener Paolo Gentiloni wird als Nachfolger von Währungskommissar Pierre Moscovici gehandelt. Demnach wären vor allem Südeuropäer für Wirtschaftspolitik zuständig - die Euro-Gruppe führt der Portugiese Mário Centeno.

Nachfolger von Haushaltskommissar Günther Oettinger dürfte Johannes Hahn aus Österreich werden; um Rechtsstaatlichkeit soll sich die Tschechin Věra Jourová kümmern. Der Ire Phil Hogan soll das Handelsportfolio bekommen und wäre dann nach einem Brexit für die Gespräche über einen Handelsvertrag mit Großbritannien zuständig.

Fest steht zudem, dass von der Leyen ihr Ziel, ein Kollegium zu präsentieren, "das aus gleich vielen Frauen wie Männern besteht", knapp verfehlt: Auf der am Montag veröffentlichten Liste stehen die Namen von 13 Frauen und 14 Männern (Großbritannien hat niemanden nominiert).

Nach der Vorstellung am Dienstag ist das Europaparlament am Zug, denn ohne dessen Zustimmung kann von der Leyen nicht loslegen. Alle Bewerber müssen in den Fachausschüssen Fragen beantworten; dies dürfte zwischen 30. September und 8. Oktober geschehen.

"Mindestens einer fällt durch", heißt es im Parlament

Am Ende steht ein Votum. "Mindestens einer fällt durch", heißt es aus dem EU-Parlament, das verlange das Selbstbewusstsein.

Als gefährdet gelten die Kandidaten aus Ungarn und Polen: Dem Spiegel zufolge ermittelt die Antibetrugsbehörde Olaf gegen den designierten Landwirtschaftskommissar Janusz Wojciechowski - es gehe um Unregelmäßigkeiten bei der Erstattung von Reisekosten aus seiner Zeit als Abgeordneter im Europaparlament.

Wenn alles nach Plan läuft, stimmen alle 751 Abgeordnete am 23. Oktober über Ursula von der Leyen und ihr Team ab. Gibt es ein "Ja", löst sie pünktlich zum 1. November Jean-Claude Juncker ab.

Dann beginnt die richtige Arbeit.

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SZ vom 10.09.2019
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