EU-Kommission:Ringen um den Spitzenposten

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Neben Manfred Weber meldet nun auch die Dänin Margrethe Vestager Ambitionen an, der EU-Kommission vorzusitzen.

Von Matthias Kolb, Brüssel/München

Am Tag nach der Europawahl haben die Parteienfamilien ihre Ansprüche auf wichtige Ämter in der EU untermauert. Manfred Weber, der Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP), erklärte vor der Sitzung des CSU-Vorstands, die EVP sei zwar kein "strahlender Sieger", habe aber "solide Ergebnisse eingefahren". Weber, der Jean-Claude Juncker als Präsident der EU-Kommission nachfolgen möchte, wollte sich ursprünglich am Montagabend mit den Fraktionschefs von Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen treffen, um die Wahl zu analysieren: "Ich spüre viel Willen zum Konsens. Wir strecken die Hand aus." Diese lehnten die Einladung aber kurzfristig ab.

Würde mit Unterstützung der Liberalen gerne EU-Kommissionschefin werden: Margrethe Vestager. (Foto: Francois Lenoir/Reuters)

Nach einer Hochrechnung des Europäischen Parlaments kommt die EVP auf 180 von 751 Sitzen und verliert 36 Mandate; die Sozialdemokraten büßen 39 Sitze ein und stellen 146 Abgeordnete. Die Volksparteien haben damit erstmals seit 40 Jahren keine Mehrheit und sind auf die beiden proeuropäischen Wahlsieger angewiesen, also auf Liberale und Grüne. Frans Timmermans, der Spitzenkandidat der Sozialdemokraten, bekräftigte seine Ambitionen, eine "progressive Mehrheit" zu bilden und Kommissionschef zu werden.

Anders als der Niederländer und der Deutsche bekannte sich EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager erst nach der Wahl klar zu ihren Ambitionen. Die Liberale aus Dänemark sagte in der ARD, dass sie darauf setze, aus der Runde der EU-Staats- und Regierungschefs vorgeschlagen zu werden. Diese treffen sich am Dienstag zu einem informellen Abendessen und beraten über das Personaltableau: Neben einem neuen Kommissionspräsidenten müssen auch Kandidaten für die Chefposten von Europäischem Rat, Europäischem Parlament und Europäischer Zentralbank gefunden werden.

Als bisher lautester Kritiker des Prinzips, wonach nur eine Person die mächtige EU-Kommission leiten dürfe, die zuvor als Spitzenkandidat für das EU-Parlament nominiert war, gilt Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Dessen Partei Renaissance bescherte der liberalen Fraktion mit 21 Sitzen enormen Zuwachs - sie landete aber hinter dem rechtsextremen Rassemblement National von Marine Le Pen.

Klarer Wahlsieger in Großbritannien ist die Brexit Party von Nigel Farage, die 33,3 Prozent der Stimmen erreichte und 29 Abgeordnete nach Straßburg schickt; damit stellte die neugegründete Partei gemeinsam mit CDU/CSU die größte Delegation. In Italien triumphierte die Lega von Matteo Salvini, die auf 34,3 Prozent und 28 Mandate kommt. Dies entspricht einem Plus von 23 Sitzen für die rechtspopulistischen Kräfte, die trotz Erfolgen in Frankreich, Polen oder Ungarn eher stagnieren. Salvini plant nun ein Rechtsbündnis. Mit 51 Prozent lag die Wahlbeteiligung höher als 2014

© SZ vom 28.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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