Industriepolitik:Mehr Geld für grüne Branchen

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Mehr Windkraftanlagen werden gebraucht, damit die Bundesregierung ihre Klimaziele erreichen kann. (Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa)

Die EU-Kommission will Subventionen für klimafreundliche Produkte erleichtern. Sie reagiert damit auf ein Gesetz, mit dem die USA europäische Firmen anlocken.

Von Björn Finke, Brüssel

EU-Staaten sollen künftig schneller und mehr Subventionen für klimafreundliche Industrieprojekte zahlen können, zum Beispiel für den Bau von Fabriken für Windräder oder Batterien. Zudem soll ein neues EU-Gesetz die Genehmigungsverfahren für diese Werke verkürzen. Das kündigte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch in Brüssel an. Der Vorstoß ist eine Reaktion auf den Inflation Reduction Act (IRA), ein US-Gesetz, das massive Beihilfen für den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft vorsieht. "Europa ist entschlossen, die Revolution bei grünen Technologien anzuführen", sagte die Deutsche.

Die Kommission regt in ihrem Strategiepapier auch an, dass Mitgliedstaaten Fördermittel aus vorhandenen EU-Töpfen umschichten, zugunsten der grünen Industriebranchen. Frisches Geld aus Brüssel gibt es zunächst nicht. "Im Moment müssen wir mit dem arbeiten, was wir gerade haben", sagte die CDU-Politikerin. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck begrüßte die Pläne - vor allem das Versprechen der Kommission, Subventionen der Mitgliedstaaten künftig schneller und einfacher zu genehmigen. Das "darf nicht zwei Jahre oder drei Jahre dauern. Das muss innerhalb von einem halben Jahr durchgeführt werden. Längstens", sagte der Grünen-Politiker in Berlin.

Hintergrund der Initiative sind Befürchtungen, das amerikanische IRA-Paket könnte Europa schaden. In diesem Paket sind die Hilfen teilweise daran gekoppelt, dass die grünen Produkte in den Vereinigten Staaten gefertigt worden sind. Dies könnte dazu führen, dass EU-Firmen Werke und Investitionen in die USA verlagern. Ende kommender Woche sollen die 27 Staats- und Regierungschefs bei einem EU-Gipfel in Brüssel über die neue Strategie beraten. Bis März will die Kommission konkrete Gesetzentwürfe präsentieren.

In dem Konzept schlägt die Behörde auch vor, Aus- und Weiterbildung zu stärken oder mehr Handelsverträge mit Partnerländern weltweit abzuschließen. Am umstrittensten ist allerdings die Lockerung der Subventionsregeln. Die Kommission holt hier nun Meinungen der Regierungen ein, bevor sie die Änderungen festschreibt.

EU-Regierungen sollen so viel zahlen dürfen wie China

In der EU müssen Regierungen ihre Beihilfen von der Kommission billigen lassen. Dies soll verhindern, dass Unternehmen die Mitgliedstaaten gegeneinander ausspielen. Allerdings hat die Behörde die strengen Vorschriften bereits wegen der Covid-Krise und des Ukraine-Kriegs gelockert. Nun sollen die Regeln weiter vereinfacht und noch großzügiger gestaltet werden - zumindest für grüne Branchen und befristet bis Ende 2025.

Die Mitgliedstaaten sollen insbesondere den Bau von Fabriken für Batterien, Solar- und Windkraftanlagen, Wärmepumpen und Wasserstoff-Technologie fördern dürfen. Locken andere Länder außerhalb Europas wie die USA und China solche Werke mit besonders üppigen Subventionen an, dürfen die EU-Regierungen hier unter gewissen Umständen gleichziehen. Die Mitgliedstaaten sollen den Konzernen auch Steuernachlässe gewähren dürfen - eine simple Art der Unterstützung, die das IRA-Paket vorsieht.

Mehr Spielraum für EU-Regierungen birgt jedoch Gefahren. Denn in finanzstarken und großen Mitgliedstaaten wie Deutschland können Regierungen die neue Freiheit viel besser nutzen, um Betriebe zu fördern. Klamme Regierungen wie die italienische werden nicht mithalten können. Deutsche Firmen könnten also unfaire Vorteile genießen. Wie ernst dieses Risiko ist, zeigt eine Statistik zu nationalen Subventionen gegen die Folgen des Ukraine-Kriegs. Demnach entfallen 53 Prozent der von der Kommission genehmigten Beihilfen allein auf Deutschland. Italien landet nur bei gut sieben Prozent.

PO Subventionen (Foto: SZ)

Rom sieht schon "die Einheit Europas" bedroht

Es ist daher kein Wunder, dass Rom vor einer Aufweichung warnt: Das könnte den gemeinsamen Binnenmarkt der EU verzerren und "die Einheit Europas genau zu dem Zeitpunkt bedrohen, an dem wir die Herausforderungen vor uns gemeinsam angehen müssen", heißt es in einem Diskussionspapier, das der SZ vorliegt. Die Regierungen von Österreich, Tschechien, der Slowakei, Dänemark, Finnland, Irland und Estland weisen in einem gemeinsamen Brief an die Kommission ebenfalls auf das Risiko eines schädlichen Subventionswettlaufs hin.

Von der Leyen will die Nachteile für ärmere Staaten durch mehr EU-Fördergeld ausgleichen. Bis Sommer wird die Präsidentin dafür das Konzept eines Europäischen Souveränitätsfonds präsentieren. Dieser Brüsseler Hilfstopf soll zukunftsträchtige Technologien unterstützen. Zur Finanzierung schweigt sich das Strategiepapier vom Mittwoch aus, doch zumindest die EU-Kommissare Thierry Breton aus Frankreich und Paolo Gentiloni aus Italien fordern ausdauernd, dass die Behörde neue Schulden aufnehmen soll. Für die würden die Mitgliedstaaten geradestehen - was aber einige Regierungen und auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) strikt ablehnen.

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