EU-Kommission gegen Regierung:Zoff ums Asylrecht

Geht es nach dem Willen der EU-Kommission, soll es bald ein einheitliches Asylrecht in der Union geben - zum Unmut der Regierung. Die Kommission bestreitet, dass durch die Neuregelung "Asylbetrügern Tür und Tor geöffnet" werde.

Es gibt Streit um das Asylrecht: Nach dem Willen der EU-Kommission soll das Asylrecht in der Europäischen Union bis 2012 vereinheitlicht werden. Dadurch könnte ein Teil der Regelungen in Deutschland gelockert werden - zum Unmut der Bundesregierung.

Demonstration vor dem 'Sonnenblumenhaus' in Rostock-Lichtenhagen

Die EU-Kommission will ein einheitliches Asylrecht durchsetzen. Dadurch könnten einige Regelungen im deutschen Recht gelockert werden.

(Foto: ddp)

Die Regierung befürchtet unter anderem, dass die sogenannte Flughafenregelung abgeschafft wird, die den Staaten das Recht gibt, Einreisende, deren Asylantrag offensichlich unbegründet ist, an Flughäfen oder Grenzen unverzüglich abschieben zu können.

Die Regierung wolle dafür kämpfen, dass "das bewährte Asylrecht im Kern nicht angetastet wird", sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Ole Schröder (CDU), Bild.de. Er befürchtet: "Die Pläne der Kommission für ein EU-Asylrecht werden zu längeren Asylverfahren, zu höheren Kosten und zu einer neuen Sogwirkung führen."

Flughafenregelung soll nicht angetastet werden

Die EU-Kommission reagierte inzwischen auf den Medienbericht und stellte klar: "Es kann keine Rede davon sein, dass der Kern des deutschen Asylrechts durch die Vorschläge angetastet wird". Ebenso wenig solle "Asylbetrügern Tür und Tor geöffnet werden".

Die Kommission wolle keine Asylverfahren an den Grenzen verbieten. "Dieses Recht bleibt jedem Staat vorbehalten", hieß es aus Brüssel. Es bleibe auch weiterhin möglich, direkt bei der Einreise an der Grenze Anträge abzulehnen - etwa wenn ein Antragsteller aus einem sicheren Land komme oder sein Antrag offensichtlich unbegründet sei.

Ebenfalls dementierte die Kommission Meldungen, dass Asylbewerber der gleiche Zugang zu Sozialleistungen zu gewähren sei wie Einheimischen und sie in der Sozialhilfe gleichzustellen seien. Kein Mitgliedstaat der EU werde dazu verpflichtet, den Zugang zum nationalen Sozialsystem zu gewähren. Eine Gleichstellung bei der Sozialhilfe sei ebenfalls nicht geplant, hieß es aus Brüssel.

Einige Neuerungen sehen die Vorschläge dennoch vor: Nach dem Willen der EU-Kommission soll die Dauer für Asylverfahren auf sechs Monate begrenzt werden. "Dies entspricht der durchschnittlichen Bearbeitungsdauer in den Mitgliedsstaaten", sagte ein Sprecher der Kommission. In komplexen Fällen sei allerdings eine Verfahrensdauer bis zu einem Jahr möglich.

Ebenso plant die Kommission ein Bleiberecht für minderjährige Geschwister. Bislang gibt es ein solches Bleiberecht in Deutschland nur für Ehegatten und Kinder. Zwar sei "kein generelles Bleiberecht" im Gespräch, allerdings solle verhindert werden, dass "minderjährige Geschwister auseinandergerissen werden". Zur Begründung teilte die EU-Kommission mit, die Ausdehnung des Bleiberechts entspreche der UN-Kinderrechtscharta und der EU-Grundrechtscharta.

Europaparlament kündigt Widerstand an

Die Vorschläge der Kommission sind nicht neu, sondern wurden bereits 2008 und 2009 gemacht. Sie sind aber nie in Kraft getreten. In der kommenden Woche werden nun die EU-Innen- und Justizminister bei einem Treffen in Brüssel darüber beraten. Die Mitgliedsstaaten und das Europäische Parlament müssen zustimmen.

Das wird allerdings nicht einfach werden. Die Konservativen im Europaparlament kündigten bereits ihren Widerstand an. "Das von der EU-Kommission vorgelegte Asylpaket II wird so nicht Gesetz werden", teilten der stellvertretende Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion, Manfred Weber, und die zuständige Berichterstatterin Monika Hohlmeier (beide CSU) mit.

Politisch Verfolgte haben nach dem Grundgesetz einen Anspruch auf Asyl in Deutschland. Angesichts steigender Asylbewerberzahlen schränkte Deutschland aber dieses Recht im Jahr 1993 ein. Seitdem genießen Bewerber, die aus einem EU-Staat oder einem anderen "sicheren Staat" nach Deutschland einreisen, kein Asylrecht.

Unterdessen teilte das Bundesinnenministerium mit, dass die Asylbewerberzahlen im ersten Halbjahr 2010 im Vergleich zum Vorjahreshalbjahr gestiegen seien. Es wurden 15.579 Erstanträge auf Asyl gestellt - das ist ein Plus von rund einem Viertel. Die meisten Bewerber kamen aus dem Irak, gefolgt von Afghanistan.

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