EU-Kommission:Der Milliarden-Mann

Günther Oettinger erhält einen wichtigeren Job. Das Parlament geht bei der Anhörung verdächtig zahm mit ihm um.

Von Thomas Kirchner

Günther Oettinger hat sich ungeschickt verhalten, mindestens. Die launig gemeinten Bemerkungen des deutschen EU-Kommissars über Schlitzaugen und -ohren, sein Gefasel über die "Pflicht-Homoehe", die in Deutschland bald eingeführt werde, vor allem jedoch der Mitflug im Privatjet eines Kreml-Lobbyisten: Das alles sind zwar noch keine Vorfälle, die den ehrgeizigen CDU-Politiker für politische Ämter disqualifizieren. Eine Beförderung hat er sich damit aber gewiss nicht verdient.

Doch Kommissionschef Juncker brauchte nun einmal einen Nachfolger für die ausscheidende Bulgarin Kristalina Georgiewa, die sich um den Haushalt der EU kümmerte. Und schaut man sich das Personaltableau in der Brüsseler Behörde an, ist der Schwabe und ehemalige Ministerpräsident fachlich und von der Erfahrung her der richtige Mann dafür. Insofern geht seine Ernennung mangels Alternativen auch in Ordnung.

Dass er nun auch noch als oberster Personalchef über 33 000 EU-Bedienstete herrscht, hätte nicht unbedingt sein müssen. Da haben seine Kritiker im EU-Parlament recht. Ansonsten haben die Abgeordneten bei der Anhörung des neuen Kommissars bewiesen, wie zahm sie doch sein können, wenn es darauf ankommt. In Brüssel geht der Verdacht um, sie hätten ihn so zart angefasst, um es sich nicht zu verderben mit dem Mann, der nun die Milliarden mobilisieren kann.

© SZ vom 13.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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