EU-Kommission:Bissiger Kampf um Prestige-Posten

Merkel will Oettinger als EU-Wirtschaftskommissar - doch Frankreich und Polen haben eigene Wunschkandidaten.

Cerstin Gammelin

Nach der Besetzung der beiden neuen Spitzenpositionen in der Europäischen Union ist auch der Weg frei, die Posten in der Kommission zu verteilen. Dabei stehen die großen Länder in starker Konkurrenz zueinander.

Günther Oettinger, AP

Angela Merkels Wunschkandidat für den Posten des EU-Wirtschaftskommissars: Der noch amtierende baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger.

(Foto: Foto: AP)

Frankreich, Deutschland und Polen streiten um die einflussreichen Wirtschaftsressorts Binnenmarkt, Finanzen und Industrie. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will den "ausgewiesenen Wirtschaftsfachmann" Günther Oettinger (CDU) als Wirtschaftskommissar einsetzen. Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy favorisiert seinen Parteifreund Michel Barnier für den Posten des Binnenmarkt-Kommissars. Auch Polen schickt einen Wirtschaftsexperten ins Rennen.

Ambitionierte Franzosen

Die Staats- und Regierungschefs hatten sich auf ihrem Sondergipfel in der Nacht zum Freitag nicht nur auf den belgischen Premierminister Herman Van Rompuy als Präsident des Europäischen Rates geeinigt. Die ebenfalls berufene Hohe Vertreterin für die Außenpolitik, die Britin Catherine Ashton, wird automatisch Vize-Präsidentin der Kommission.

Nun kann deren Präsident José Manuel Barroso darüber entscheiden, wie die anderen Kommissariate unter den anderen Mitgliedsländern aufgeteilt werden.

Die Franzosen dringen seit langem vehement darauf, das Wirtschaftskommissariat in die Hand zu bekommen. Sie verfolgen die Idee, eine "europäische Wirtschaftsregierung" einzurichten. Dieser Plan wird von der Bundesregierung strikt abgelehnt. Nach den Entscheidungen des Brüsseler Sondergipfels vom Donnerstag gilt jedoch Barnier als aussichtsreichster Kandidat, da die Briten ihre Zustimmung signalisiert haben.

Fähigkeitsbeweis vor dem Parlament

Die Personalien sollen in den nächsten Tagen geklärt werden. Von Montag an werde Barroso mit den Kandidaten "weitere Einzelgespräche führen", sagte ein EU-Diplomat. Bisher haben 22 Mitgliedstaaten ihre Kandidaten nominiert.

Sobald die restlichen Regierungen ihren Vorschlag nach Brüssel gemeldet haben, will Barroso den Ressortzuschnitt festlegen und über die Besetzung entscheiden. Wenn sein Plan auf die Zustimmung der EU-Mitgliedsländer trifft, müssen sich die designierten Kommissare dem EU-Parlament stellen. Dort werden sie einer schriftlichen und mündlichen Anhörung unterzogen, in der sie beweisen müssen, dass sie für den Posten geeignet sind. Die europäische Volksvertretung soll Ende Januar über das gesamte Gremium abstimmen.

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