Geschichte wiederholt sich nicht, ein gewisses Muster gelegentlich schon. Nach Bekanntwerden einer Rede, in der er Chinesen "Schlitzaugen" nannte und das Publikum mit dem Gedankenspiel einer "Homo-Pflichtehe" belustigte, mochte EU-Kommissar Günther Oettinger zunächst kein Problem erkennen. Zunächst sprach er von "etwas saloppen" Äußerungen. Erst nach einer Woche öffentlichen und internen Drucks bedauerte Oettinger, so "frei von der Leber" weg gesprochen zu haben. Nun ist wieder Verstörendes bekannt geworden, und erneut sieht Oettinger kein Problem.
Diesmal geht es um einen Flug, zu dem sich der Kommissar vom russischen Honorarkonsul Klaus Mangold hat einladen lassen, um pünktlich zum Abendessen bei Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán zu erscheinen. Die Ethikregeln der EU-Kommission verbieten eine Annahme von Geschenken, deren Wert 150 Euro übersteigt - was bei einem Mitflug in einem Privatjet eindeutig der Fall sein dürfte. Bei einer Parlamentsanhörung vor dem anstehenden Wechsel vom Digital- ins Haushaltsressort wird Oettinger das erklären müssen.
Der Kommissar hat sich von einem führenden deutschen Russland-Lobbyisten zum Dinner mit einem Premier fliegen lassen, der mit russischer Hilfe ein Atomkraftwerk ausbauen will. Zum Regelverstoß kommt hier also erhebliche Instinktlosigkeit. Mindestens.