EU-Haushaltsstreit:Slowenien unterstützt Blockierer

EU-Haushaltsstreit: Sloweniens Regierungschef Janez Janša ist ein Verbündeter des Ungarn Viktor Orbán - und verteidigt ihn im Streit um den EU-Haushalt und den Rechtsstaats-Mechanismus.

Sloweniens Regierungschef Janez Janša ist ein Verbündeter des Ungarn Viktor Orbán - und verteidigt ihn im Streit um den EU-Haushalt und den Rechtsstaats-Mechanismus.

(Foto: JURE MAKOVEC/AFP)

Premier Janša kritisiert in einem Brief den bei Polens und Ungarns Regierung verhassten Rechtsstaats-Mechanismus.

Von Björn Finke, Brüssel

Viktor Orbán und Mateusz Morawiecki, die Ministerpräsidenten von Ungarn und Polen, werden sich an diesem Donnerstag viele Vorwürfe anhören müssen. Die 27 EU-Staats- und Regierungschefs schalten sich zu einer Videokonferenz zusammen, und Thema ist unter anderem die Blockade des EU-Haushalts und Corona-Hilfstopfs durch das Duo. Doch immerhin ein Amtskollege wird die beiden verteidigen: Janez Janša, der rechtspopulistische Ministerpräsident Sloweniens. Am Dienstag schickte der Orbán-Freund einen vierseitigen Brief an die anderen Staats- und Regierungschefs sowie an Ratspräsident Charles Michel und Kommissionschefin Ursula von der Leyen. In dem Schreiben, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, unterstützt er Orbán und Morawiecki.

Janša holt darin weit aus, skizziert zunächst die Geschichte der EU, bevor er klarmacht, dass er die Bedenken des Duos gegen den Rechtsstaats-Mechanismus teilt. Dank der Klausel können Fördergelder gekürzt werden, wenn der Rechtsstaat im Empfängerland in Gefahr ist. Orbán und Morawiecki lehnen diese Neuerung ab und blockieren deswegen das ganze Finanzpaket. Auch Janša klagt nun, der Mechanismus lade zu politischem Missbrauch ein: "Zahlreiche Medien und einige Fraktionen im Europaparlament drohen offen damit, das (...) Instrument zu nutzen, um einzelne Mitgliedstaaten zu disziplinieren."

Solch ein Mechanismus widerspreche den EU-Verträgen und spiegele nicht wider, worauf sich die Staats- und Regierungschefs beim Gipfel im Juli geeinigt haben, argumentiert der Slowene - und ist damit ganz auf Linie von Orbán und Morawiecki. Die EU habe ohnehin genug Probleme: Jetzt die Gipfelbeschlüsse zu missachten und dadurch Ärger zu provozieren sei so, als würde man "auf einem Schiff, das auf einen Eisberg zusteuert, über die Speisekarte streiten".

Unterdessen überlegen Europa-Abgeordnete und Regierungschefs schon, wie die EU das Veto aushebeln könnte, wenn Orbán und Morawiecki tatsächlich nicht einlenken. Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte sagte, den 750 Milliarden Euro schweren Corona-Hilfstopf könnten die anderen 25 Mitgliedstaaten zur Not auch außerhalb des EU-Rahmens etablieren. Vorbild wäre der Euro-Rettungsfonds ESM, den die 19 Staaten mit der Gemeinschaftswährung als unabhängige internationale Institution gegründet haben. Und der liberale Europa-Abgeordnete Guy Verhofstadt bringt die Methode der Verstärkten Zusammenarbeit ins Spiel: Das ist ein Mechanismus, der einer Gruppe von EU-Staaten erlaubt, innerhalb der Union bei Themen voranzuschreiten.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: