EU-Haushalt:Römische Finanztricks

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Es sind staatliche Papiere, mit denen in Italien Schulden und Steuern bezahlt werden sollen. Diese Mini-Bots zur Haushalts-Sanierung lehnt Berlin ab.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Die Bundesregierung lehnt sogenannte Mini-Bots als "nicht legitim und nicht im Einklang mit den europäischen Regeln" ab. Das teilte Finanzstaatssekretärin Bettina Hagedorn (SPD) nach Angaben von Teilnehmern am Mittwoch dem Haushaltsausschuss des Bundestages mit. Mit Mini-Bots, einer Art staatlicher Gutscheine, sollen in Italien Rechnungen beglichen und Steuern bezahlt werden. Hagedorn hatte den Ausschuss über die Verhandlungen zur Reform des Euro-Rettungsfonds ESM und die italienischen Entwicklungen informiert. Sie verwies darauf, dass auf dem Treffen der Euro-Finanzminister in Luxemburg kommende Woche noch nicht über das weitere Vorgehen im Defizitverfahren gegen Italien entschieden werde. Das Land habe jetzt zwei Wochen Zeit für eine Stellungnahme.

Der Ausschuss debattierte eine gute Stunde über die Gefahren für den Euro. FDP-Haushälter Otto Fricke warnte, Rom versuche über die Mini-Bots "trickreich, das Schuldenvolumen Italiens zu erhöhen, um mehr Geld ausgeben und Reformen vermeiden zu können". Der Grünen-Haushälter Sven-Christian Kindler plädierte dafür, sich nicht provozieren zu lassen. Die Lega lege sich "aus wahltaktischen Gründen mit der EU-Kommission an". Kindler forderte die Bundesregierung auf, die Reformen der Euro-Zone wie versprochen im Juni abzuschließen. "Eine massive Krise in Italien wäre eine ernste Gefahr für den Euro, dafür muss er gerüstet sein", sagte er.

Ein Gutachten des Bundesrechnungshofs warnt vor einer Reform des ESM

Bei der Reform des Euro-Rettungsfonds ESM geht es schon länger nicht voran. Die Euro-Länder hätten sich in Brüssel "verhakt"; es sei "fraglich, ob wir das Ziel Juni erreichen", zitieren Teilnehmer Staatssekretärin Hagedorn. Aus einem Schreiben an den Haushaltsausschuss geht hervor, dass auch Deutschland bremst. Berlin fordert deutlich mehr "relevante Informationen" als andere Staaten, um über die Abwicklung von Banken zu entscheiden. Berlin beharrt auf "Schutzvorkehrungen", um es so schwierig wie möglich zu machen, den ESM als Letztsicherung zu nutzen.

Für heftige Kritik der Regierungsparteien und der Grünen sorgte ein Gutachten des Bundesrechnungshofes zum ESM. In dem 35 Seiten umfassenden, mit dem Vermerk "nur für den Dienstgebrauch" versehenen Bericht, stellt sich der Rechnungshof gegen die Reform des ESM, weil sie zu Belastungen des deutschen Steuerzahlers führen könne. Er empfiehlt, der Bundestag solle der Bundesregierung für die Verhandlungen "Leitlinien" mitgeben, um den Status quo beizubehalten. CDU, SPD und Grüne warfen dem Rechnungshof einseitige Sichtweisen und Schludrigkeit vor. Nach Angaben von Teilnehmern wies CDU-Chefhaushälter Eckhardt Rehberg das Ansinnen komplett zurück. Der Grüne Kindler attestierte "einseitige Risikobetrachtung". Der Rechnungshof habe "die Makroökonomie einer Währungsunion nicht verstanden". SPD-Kollege Johannes Kahrs sagte, er habe "noch nie so einen schlechten Bericht gelesen", er sei schludrig gearbeitet, es komme "die persönliche Meinung des Autors durch". Die FDP stimmte dem Rechnungshof dagegen zu. Kommende Woche sollten die Euro-Finanzminister die ESM-Reform abschließen.

© SZ vom 06.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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