Süddeutsche Zeitung

EU-Haushalt:Ungarn und Polen blockieren Beschluss für Corona-Hilfen

Die Länder haben aus Protest ihr Veto gegen die EU-Finanzplanung bis 2027 eingelegt. Betroffen ist davon auch das damit zusammenhängende Corona-Hilfspaket.

Der notwendige Beschluss für die milliardenschweren Corona-Hilfen der EU ist blockiert. Polen und Ungarn haben wie angedroht ihr Veto gegen die EU-Finanzplanung bis 2027 und das damit zusammenhängende Hilfspaket zur Überwindung der Corona-Pandemie eingelegt. Das teilt die amtierende deutsche EU-Ratspräsidentschaft am Montag mit.

Für die Verabschiedung der Finanzplanung ist ein einstimmiges Votum der 27 EU-Staaten erforderlich. Polen und Ungarn wehren sich dagegen, dass die Auszahlung von EU-Mitteln künftig an die Einhaltung rechtstaatlicher Prinzipien geknüpft werden soll. Das Instrument soll zwar nur dann zum Einsatz kommen können, wenn ein Missbrauch von EU-Mitteln droht. Dies könnte aber schon der Fall sein, wenn eine mangelnde Unabhängigkeit von Gerichten begründete Bedenken weckt, dass Entscheidungen über die Verteilung von EU-Mitteln nicht mehr unabhängig kontrolliert werden können.

Vor allem den Regierungen in Ungarn und Polen wurde zuletzt immer wieder vorgeworfen, ihren Einfluss auf die Justiz auszubauen. In beiden Ländern gibt es Kritik am Umgang der Regierungen mit der Justiz, den Medien und teils auch der Wissenschaft.

Die Regelung wurde nach Ansicht der ungarischen Regierung von Ministerpräsident Viktor Orbán so konstruiert, dass sie Absprachen der Staats- und Regierungschefs aus dem Juli widerspricht. Aus Warschau kamen ähnliche Töne: Der polnische Regierungssprecher hatte in einem Interview mit dem Radiosender RMF.FM angekündigt: "Wenn die EU die Verträge brechen will, wenn die Vereinbarungen nicht eingehalten werden, die beim Gipfel der Regierungschefs getroffen wurden, dann wird Polen sein Einverständnis zur Annahme des Haushalts nicht geben."

Haushaltsmittel in Billionen-Höhe

Durch das Veto beider Länder steckt die EU inmitten der Pandemie erneut in einer schweren politischen Krise. Betroffen ist neben den geplanten Corona-Wiederaufbauhilfen im Umfang von bis zu 750 Milliarden Euro auch der langfristige EU-Haushalt. Er umfasst für die nächsten sieben Jahre Mittel in Höhe von knapp 1,1 Billionen Euro und finanziert zum Beispiel Zuschüsse für die Landwirtschaft und Forschungsprogramme.

Nach Angaben von Diplomaten werden nun Bundeskanzlerin Angela Merkel, EU-Ratspräsident Charles Michel und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen über das weitere Vorgehen beraten müssen. Der Streit wird dann vermutlich zum Thema einer für Donnerstag geplanten Videokonferenz der Staats- und Regierungschefs. Bei ihr sollte es eigentlich vor allem um eine bessere Zusammenarbeit gegen die Corona-Pandemie gehen.

Kann das Finanzpaket nicht auf den Weg gebracht werden, wird der EU ab dem kommenden Jahr nur noch ein Nothaushalt zur Verfügung stehen. Zudem könnten die Corona-Hilfen nicht fließen, die Länder wie Italien und Spanien vor einem wirtschaftlichen Absturz bewahren sollen. Die Auszahlung der ersten Mittel sollte eigentlich im Laufe des zweiten Quartals 2021 möglich gemacht werden. Dafür ist neben den jetzt blockierten Beschlüssen aber auch noch ein aufwendiger Ratifizierungsprozess notwendig. Nach Angaben aus der EU-Kommission müssen dazu in fast allen EU-Ländern auch die nationalen Parlamente mit dem Thema befasst werden.

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