EU:Guter Mann in Brüssel

Kommissionschef Juncker führt in der Flüchtlingskrise.

Von Thomas Kirchner

An Jean-Claude Juncker wird es nicht gelegen haben, wenn die EU an den gigantischen Problemen scheitern sollte, vor denen sie steht. Nach neun Monaten im Amt und einer recht beeindruckenden Bilanzrede am Mittwoch im Straßburger Parlament kann man sagen: Der Luxemburger - der erste von den Bürgern mitbestimmte EU-Kommissionspräsident - war keine so schlechte Wahl, wie viele befürchtet hatten.

Und das nicht nur wegen des wohltuenden Humors und der Selbstironie, die ihm im Gegensatz zu seinem Vorgänger José Manuel Barroso zu eigen sind. Juncker hat tatsächlich wahr gemacht, was er angekündigt hatte: eine politische Kommission zu bilden, eine Kommission, die inhaltlich führt und gleichzeitig bereit ist, sich mit den Regierungen anzulegen. In der Euro-Krise trat dieser Aspekt noch nicht so deutlich hervor, stammen all die Rettungsmilliarden doch aus nationalen Haushalten, wo sie auch verantwortet werden müssen. In der Flüchtlingskrise hingegen macht die Brüsseler Behörde seit dem Frühjahr sinnvolle Vorschläge. Auch wenn sich im Detail manches kritisieren lässt, zielt Junckers Plan in die richtige Richtung: Das Problem kann nur gemeinsam und solidarisch gelöst werden.

Allerdings sollte allen bewusst sein, dass der Plan niemals so umgesetzt wird. Der Widerstand einzelner Staaten wird ihn bald zerstückeln. Und so könnte Europa eben doch scheitern.

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