EU-Gipfel:So will die EU Flüchtlinge aus Afrika abschrecken

  • Die Staats- und Regierungschefs der EU haben sich bei ihrem Gipfeltreffen auf Malta auf ein Zehn-Punkte-Programm verständigt.
  • Es geht um die Frage, wie es gelingen könnte, dass Flüchtlinge gar nicht erst nach Europa kommen, sondern in ihren Heimatländern in Afrika bleiben.
  • Die EU will vor allem die libysche Regierung in die Lage versetzen, Flüchtlinge noch im eigenen Hoheitsgebiet aufzugreifen.

Von Thomas Kirchner und Alexander Mühlauer, Brüssel

Die Staats- und Regierungschefs der EU treibt bei ihrem Gipfeltreffen auf Malta an diesem Freitag eine Frage um: Was kostet es uns, dass Flüchtlinge gar nicht erst nach Europa kommen, sondern in ihren Heimatländern bleiben? Unter dem Deckmantel einer neuen Nachbarschafts- und Entwicklungspolitik versuchen die Europäer den Flüchtlingsstrom aus Afrika massiv zu bremsen.

In Brüssel sieht man sich jedenfalls auf dem richtigen Weg. Helft ihr uns (beim Aufhalten und bei der Rücknahme von Flüchtlingen), helfen wir euch: Nach diesem Motto richtet die EU ihr Verhältnis zu afrikanischen Herkunfts- und Transitländern aus und verhandelt über entsprechende Abkommen. In Brüssel spricht man zwar von ersten Erfolgen. Doch müsse kurzfristig sehr viel mehr getan werden, sagt die Außenbeauftragte Federica Mogherini, um den wieder wachsenden Zustrom über das zentrale Mittelmeer zu stoppen.

Aus den Vorschlägen der Kommission und der maltesischen Ratspräsidentschaft haben es zehn Punkte in die "Erklärung von Malta zu den externen Aspekten der Migration" geschafft, die auf dem Sondergipfel an diesem Freitag verabschiedet werden soll. Im Wesentlichen geht es erstens darum, die schwache libysche Regierung in die Lage zu versetzen, Flüchtlinge möglichst noch im eigenen Hoheitsgebiet aufzugreifen, etwa durch die Ausbildung der Küstenwache. Zum Zweiten sollen die Bedingungen für Migranten in Libyen verbessert werden, zum Dritten will man die Grenzen des Landes besser überwachen und dazu mit allen Nachbarstaaten reden.

Ökonomie und Zivilgesellschaft stärken, um "neue Flüchtlingskrisen zu verhindern"

Für diese Ziele sollen die "nötigen Ressourcen" bereitgestellt werden, heißt es im Entwurf der Erklärung. Einiges könne man aus bestehenden Töpfen zahlen, begrüße aber, dass die Kommission "in einem ersten Schritt" 200 Millionen Euro zusätzlich mobilisieren wolle. Die Behörde betont, dass die Mitgliedstaaten mindestens dieselbe Summe drauflegen müssten. Kurz- und langfristige Maßnahmen in diesem Bereich werden die Europäer in jedem Fall auf Jahre hinaus Milliarden kosten.

Doch immer wenn es ums Geld geht, wird es schwierig. Als die EU-Finanzminister vergangene Woche über die Kosten zur Bewältigung der Flüchtlingskrise diskutierten, wurde deutlich, wie groß der Widerstand in manchen Ländern ist. Zusätzliche sechs Milliarden Euro sollen in den kommenden fünf Jahren dabei helfen, die Fluchtursachen an Ort und Stelle zu bekämpfen. So haben es die Staats- und Regierungschefs vorgesehen. Doch noch immer fehlen 700 Millionen Euro. Woher die Summe kommen soll, ist unklar.

Flüchtlinge auf dem Mittelmeer

Flüchtlinge vor der libyschen Küste in einem Schlauchboot, bevor sie an Bord der Golfo Azzurro gebracht werden.

(Foto: dpa)

Mithilfe der Europäischen Investitionsbank (EIB) sollen die sechs Milliarden Euro bis zu 15 Milliarden Euro an neuen Investitionen bringen. Das Geld soll vor allem Investitionen in Jordanien, Libanon, Ägypten und den Maghreb-Staaten befördern. Auch Westbalkanländer wie Serbien und Albanien sollen in hohem Maß davon profitieren. Es geht beispielsweise darum, den Bau von Schulen zu finanzieren, das Gesundheitssystem zu verbessern oder Wasserzugänge zu ermöglichen. Allein in Tunesien sieht die EIB bis 2020 Finanzierungen von bis zu 2,5 Milliarden Euro vor.

Die EU ist dabei, ihre Afrika-Politik gerade grundlegend zu ändern. Dass der lange vernachlässigte Kontinent in den Fokus rückt, zeigt sich auch bei den Debatten im Europaparlament. So sieht etwa die Europäische Volkspartei (EVP) die "Stabilisierung unserer südlichen Nachbarschaft" als den bedeutenden Faktor, den Flüchtlingsstrom in den Griff zu bekommen. Im Entwurf des Papiers zum EVP-Kongress Ende März auf Malta heißt es, dass die EU "ihre Afrika-Politik in enger Kooperation mit der Afrikanischen Union stärken muss, um Terrorismus und Instabilität zu bekämpfen". Man müsse die ökonomische und soziale Entwicklung sowie die Zivilgesellschaft stärken. "Dieser Ansatz wird auch dabei helfen, eine neue Flüchtlingskrise zu verhindern", schreiben die beiden Autoren Herman Van Rompuy und Elmar Brok (CDU).

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