Süddeutsche Zeitung

EU-Gipfel:Merkel will politische Union in Europa vorantreiben

"Mehr Europa": Angela Merkel will sich auf dem nächsten EU-Gipfel für eine Stärkung der politischen Union in Europa einsetzen. Gleichzeitig warnt die Kanzlerin aber vor allzu hohen Erwartungen - an einen "großen Wurf" glaubt sie selbst nicht.

Angela Merkel will die politische Union in Europa stärken. Die Kanzlerin kündigte für den nächsten EU-Krisengipfel Ende des Monats einen entsprechenden Arbeitsplan an. Darin werde es um "mehr Europa" gehen, sagte sie dem ARD-Morgenmagazin. "Wir brauchen nicht nur eine Währungsunion, sondern wir brauchen eine sogenannte Fiskalunion, also mehr gemeinsame Haushaltspolitik", betonte die CDU-Vorsitzende.

Vor allem sei aber eine politische Union nötig, "das heißt, wir müssen Schritt für Schritt im weiteren Verlauf doch auch Kompetenzen an Europa abgeben, Europa auch Kontrollmöglichkeiten einräumen". Zugleich sprach sich Merkel für ein Europa der zwei Geschwindigkeiten aus. Schon jetzt gebe es dies, etwa bei der Schengen-Regelung oder dem Euro.

Zwar müsse man offen sein, "es immer allen ermöglichen, mitzumachen", betonte die Kanzlerin. "Aber wir dürfen nicht deshalb stehen bleiben, weil der eine oder andere noch nicht mitgehen will." Gleichzeitig warnte Merkel vor zu hohen Erwartungen an den Gipfel: Sie glaube nicht, dass es ein Ratstreffen geben werde, "auf dem der große Wurf entstehen wird". Der Rat findet am 28. und 29. Juni in Brüssel statt.

Die USA und Großbritannien fordern einen Sofortplan für die angeschlagene Eurozone - dies bestätigte eine Sprecherin der Downing Street gestern in London. US-Präsident Barack Obama und der britische Premierminister David Cameron hätten das Thema bei einem Telefonat am späten Dienstagabend besprochen.

Sofortmaßnahmen müssten aber auch von langfristigeren Plänen flankiert werden, um eine starke Gemeinschaftswährung zu garantieren. Pläne der EU-Kommission, wonach Steuerzahler geschützt und Rettungsmaßnahmen für Staaten vermieden werden sollen, begrüßten die beiden Politiker als positiven Schritt.

Cameron will sich heute Mittag mit Merkel in Berlin treffen. Er befürchtet, dass die ohnehin schwächelnde britische Wirtschaft durch die Euro-Krise noch weiter belastet wird. Großbritannien befindet sich in der Rezession.

Telefongespräche mit dem Thema Euro-Schuldenkrise gab es gestern auch zwischen Merkel und Obama sowie Obama und dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti. In den getrennten Telefonaten hätten die Spitzenpolitiker darin übereingestimmt, dass Schritte zur Stärkung der "Widerstandskraft" der Eurozone sowie des europäischen und globalen Wachstums wichtig seien, teilte das Weiße Haus mit.

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