EU-Gipfel:Kompromisse aus Dublin

Die Staats- und Regierungschefs der 25 EU-Staaten wollen sich endlich auf einen gemeinsamen Entwurf zur EU-Verfassung einigen. Um ein erneutes Scheitern am Streit um die Machtverteilung zu verhindern, hat die irische Ratspräsident-schaft eine Liste von Kompromissen vorgelegt.

Noch immer sind zahlreiche Einzelheiten zum Thema EU-Verfassung umstritten. Wenige Stunden vor Beginn des Gipfels hatte der amtierende irische EU-Vorsitz am Mittwochabend letzte Kompromissvorschläge vorgelegt, die allerdings wichtige Streitfragen offenlassen. Spätestens am Freitag soll der endgültige Verfassungstext gebilligt werden.

In dem Kompromisspapier schlägt die irische Regierung vor, für Entscheidungen im EU-Ministerrat eine doppelte Mehrheit vorzusehen. Demnach müssten für einen Beschluss mindestens 55 Prozent der EU- Staaten zustimmen, und sie müssten gleichzeitig 65 Prozent der EU- Bevölkerung umfassen. Für die Blockade eines Beschlusses sollen mindestens vier Länder erforderlich sein.

Polen und Spanien unter Druck

Am Streit über die Gewichtung der Stimmen war der erste Verfassungsgipfel der EU im Dezember gescheitert. Vor allem Polen und Spanien hatten Vorschläge blockiert, die ihren Einfluss im Ministerrat eingeschränkt hätten. Polen bekräftigte am Mittwoch, diesmal kompromissbereit zu sein.

Von der polnischen Opposition wurde Ministerpräsident Marek Belka jedoch aufgefordert, auf dem Gipfel an den polnischen Forderungen konsequent festzuhalten.Auch Spaniens neuer sozialistischer Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero, der ebenfalls Einlenken im Streit um die EU- Verfassung signalisiert hatte, wurde im Vorfeld des Gipfels von der konservativen Opposition unter Druck gesetzt.

Dagegen sind die wichtigsten britischen Forderungen an die Europäische Verfassung laut einem Zeitungsbericht erfüllt worden. So hätten sich die europäischen Staats- und Regierungschefs geeinigt, das nationale Veto-Recht in Fragen der Steuerpolitik beizubehalten, berichtete der Daily Telegraph am Donnerstag. Blair hatte sich geweigert, auf das britische Veto-Recht in einer Reihe von Fragen zu verzichten, darunter die Steuerharmonisierung sowie die Außen- und die Verteidigungspolitik.

Nur Empfehlungen für nationale Haushaltspolitik

Ein weiteres Konfliktthema stellt der Einfluss der EU-Kommission bei der Überwachung der Staatshaushalte der Mitgliedsstaaten dar. Auch hier hat Irland einen Kompromiss zu bieten. Der Ministerrat soll auf Vorschlag der EU-Kommission das Vorliegen eines überhöhten Staatsdefizits feststellen dürfen.

Die Entscheidung für diesen Vorschlag durch den Rat soll dann einstimmig erfolgen, außerdem darf die Kommission nur Empfehlungen aussprechen, welche Maßnahmen der betroffene Staat zum Defizitabbau ergreifen soll.

Auf diesem Gebiet wehren sich Deutschland und andere Länder besonders heftig gegen den Einfluss der Kommission.

Bereits am heutigen Abend wollen die Teilnehmer des Treffens außerdem einen Nachfolger für den Italiener Romano Prodi im Amt des Brüsseler EU-Kommissionspräsidenten nominieren. Prodis Amtszeit geht im Oktober zu Ende. Ein Favorit für die Nachfolge ist der belgische Ministerpräsident Guy Verhofstadt, doch wurden auch mehrere andere Kandidaten genannt.

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