Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht in der Europa-Rede des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron eine "gute Grundlage" für die weitere Arbeit an der Zukunft Europas. Sie begrüße sowohl die Rede von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zur Lage der Union als auch die Rede Macrons an der Sorbonne, sagte Merkel am Donnerstagabend vor einer Begegnung mit Macron in Tallinn. Auch bei einem Abendessen der Staats-und Regierungschefs der EU ging es um die Reformvorhaben der Union.
Macron habe "Ansätze für eine Weiterentwicklung der Eurozone" geliefert, sagte Merkel. Sie ließ allerdings offen, inwieweit sie auf die Vorschläge Macrons zur Schaffung eines eigenen Budgets für die Eurozone eingehen will. In Deutschland stießen die Vorschläge auf Skepsis, Merkel sprach von einem "guten Impuls". Man solle nun "sehr schnell in Beratungen eintreten". Deutschland werde sich hier noch "mit eigenen Elementen einbringen", etwa zum Umbau des Euro-Stabilitätsfonds ESM in einen Europäischen Wirtschaftsfonds.
Hohes Maß an Übereinstimmung - aber Details will Merkel absprechen
Macron habe betont, man könne nicht passiv bleiben, bis in Deutschland die Regierung gebildet sei, hieß es im Anschluss an das Gespräch mit Merkel aus dem französischen Präsidialamt. Dem habe auch Merkel zugestimmt. Grundsätzlich gebe es ein hohes Maß an Übereinstimmung zwischen Deutschland und Frankreich, betonte die Kanzlerin. "Allerdings müssen wir natürlich über die Details auch noch sprechen", sagte Merkel. Sie sei der "festen Überzeugung, dass Europa nicht einfach stehen bleiben darf, sondern dass Europa sich in die Zukunft entwickeln muss". Für die deutsche Seite seien Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und die Schaffung von Arbeitsplätzen wichtig. Positiv äußerte sie sich zu Macrons Dringen auf mehr militärische Zusammenarbeit in der EU sowie auf eine gemeinsame Asylpolitik.
Als "ausgesprochen positiv" hob Merkel Macrons Vorschläge zur Harmonisierung der Unternehmenssteuern und des Insolvenzrechts zwischen Deutschland und Frankreich hervor. Das werde "sicher auch in alle weiteren Beratungen zum Aufbau einer neuen Bundesregierung einfließen".
Macron hatte in einer großen Rede am Dienstag einen ganzen Strauß an Vorschlägen zur Reform und Vertiefung der EU unterbreitet. So forderte er ein europäisches Verteidigungsbudget, eine gemeinsame Interventionstruppe und eine "Innovationsagentur" für die digitale Revolution. Überraschend vage war Macron im Ruf nach einem gemeinsamen Haushalt für die Eurozone geblieben.