EU-Gipfel in Brüssel:EU verschiebt Reformplan auf 2013

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Kleine Schritte statt großer Sprünge: Beim EU-Gipfel in Brüssel wurden größere Reformen auf Sommer 2013 verschoben. (Foto: AFP)

Europa muss warten: Auf dem Gipfel in Brüssel können sich die Staaten nicht auf ein neues Konzept zur gemeinsamen Wirtschaftspolitik einigen und vertagen konkrete Reformen. Ratspräsident Van Rompuy, der auf schnelle Entscheidungen gedrängt hatte, wird auch von Kanzlerin Merkel ausgebremst. Nun soll er erst im Sommer neue Pläne vorlegen.

Die Staats- und Regierungschefs der EU haben Entscheidungen über eine Reform der Euro-Zone zunächst auf den Sommer 2013 verschoben. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy erklärte am frühen Freitagmorgen in Brüssel, er werde bis zum EU-Gipfel im Juni des kommenden Jahres Vorschläge zu einer konkreten wirtschaftspolitischen Koordinierung der Union ausarbeiten.

Van Rompuy erhielt den Auftrag, gemeinsam mit EU-Kommissionschef José Manuel Barroso nach Absprache mit den Mitgliedstaaten mögliche Maßnahmen zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung in der Euro-Zone vorzubereiten. Dazu gehören Absprachen und Koordination wichtiger wirtschaftspolitischer Entscheidungen unter den Mitgliedstaaten, individuelle vertragliche Vereinbarungen zwischen nationalen Regierungen und der EU-Kommission über die Umsetzung von Reformen sowie ein begrenzter Solidaritätsfonds, um angeschlagene Euro-Länder bei der Umsetzung solcher Reformen zu unterstützen.

Bei diesem Fonds gehe es um "ein sehr begrenztes Budget, nicht im dreistelligen Milliardenbereich, sondern eher bei zehn, 15 oder 20 Milliarden", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die vertraglichen Vereinbarungen sollten dazu dienen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, und keine Instrumente zur Disziplinierung sein, sagte der französische Staatschef François Hollande.

Van Rompuy und Barroso wollten Ergebnisse, Merkel wollte diskutieren

Eigentlich wollten Van Rompuy und Barroso schon auf dem jetzigen Gipfel feste Änderungen und einen verbindlichen Zeitplan für den Umbau der Wirtschafts- und Währungsunion festlegen. Daher hatten die beiden vor dem Gipfel einen Reformplan entworfen: Van Rompuys ursprünglicher Vorschlag sah vor, ein Extra-Budget neben dem eigentlichen EU-Haushalt zu schaffen - um einen Puffer für Krisenstaaten zu installieren. Diese sollten Hilfen erhalten, wenn sie von außergewöhnlichen Schocks betroffen sind, etwa dem Platzen einer Immobilienblase oder einer großen Bankenkrise. Das Geld für diesen Zusatztopf hätte sich die EU auf den Finanzmärkten leihen sollen.

Diese Vorschläge waren auf Betreiben einiger Mitgliedstaaten aber schon im vorhinein weitgehend entschärft worden. "Keine Tür ist geschlossen", sagte Barroso, die Mitgliedstaaten aber hätten entschieden, nur "die nächsten Schritte" zu prüfen.

Eigentlich sollten schon auf diesem Gipfel Beschlüsse stehen

Besonders Deutschland gingen die Ideen der EU-Spitzen zu weit - sie wurden in Berliner Regierungskreisen offenbar als nicht abgesprochenes Vorpreschen empfunden und als "völlig unausgegoren" kritisiert. Merkel mahnte Van Rompuy und Barroso nun, den Staats- und Regierungschefs sei es "wichtig, dass die Mitgliedstaaten in die detaillierte Diskussion mit einbezogen sind".

Die EU-Spitzen waren im Sommer damit beauftragt worden, einen Reformplan zu entwerfen, um die europäische Wirtschafts- und Währungsunion krisenfest zu machen. Mit Beschlüssen wurde ursprünglich beim jetzigen Gipfel gerechnet. In deutschen Regierungskreisen wurde als Grund für die Verzögerung genannt, dass sich die Euro-Zone zuletzt intensiv mit der Griechenland-Krise und den Verhandlungen über den Aufbau einer europäischen Bankenaufsicht habe beschäftigen müssen.

Dem Gipfelbeschluss zufolge soll die am Donnerstag von den EU-Finanzministern beschlossene zentrale europäische Bankenaufsicht durch einen gemeinsamen Abwicklungsmechanismus für Krisenbanken ergänzt werden. Diese Abwicklungsmechanismen dürften nicht auf Kosten des Steuerzahlers gehen, sagte Merkel. Vielmehr sollten diejenigen, die für die Fehlentwicklungen bei Banken verantwortlich seien, auch die Lasten tragen. Geplant ist demnach auch, bis Mitte des kommenden Jahres die Regeln für die direkte Rekapitalisierung von Banken durch den Euro-Rettungsfonds ESM festzulegen.

© Süddeutsche.de/AFP/Reuters/sana - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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