EU-Gipfel in Belgien:Politiker gedenken in Ypern der Weltkriegs-Toten

EU-Gipfel in Ypern

Die Staats- und Regierungschefs der EU gedenken der Gefallenen des Ersten Weltkriegs.

(Foto: dpa)

Symbolischer Auftakt: Erst erinnern Europas Mächtige an die Opfer des Ersten Weltkriegs, dann widmen sie sich auf dem EU-Gipfel den drängenden Zukunftsfragen. Vor allem geht es um den Anti-Juncker-Kurs des britischen Regierungschefs Cameron.

  • Staats- und Regierungschefs gedenken in Flandern des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs.
  • Vor dem EU-Sommergipfel in Belgien kommt Bundeskanzlerin Merkel dem britischen Premier Cameron entgegen.
  • Die Entscheidung über die Personalie Jean-Claude Juncker ist für Freitag vorgesehen.
  • Auf einem Sondergipfel am 17. Juli sollen weitere Posten vergeben werden.

Gipfel beginnt mit Kranzniederlegung

Gemeinsames Erinnern an eine schreckliche Vergangenheit: Die EU-Staats- und Regierungschefs haben zum Auftakt ihres Gipfels im belgischen Ypern der Opfer des Ersten Weltkriegs gedacht. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy erinnerte an die Millionen Opfer des Konflikts und sprach von einer "Spirale der Selbstzerstörung", durch die Europa damals "in den Abgrund" gerissen worden sei.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Vertreter der anderen 27 EU-Staaten zogen gemeinsam zu Fuß durch das historische Zentrum der Stadt in Westflandern von der gotischen Tuchhalle zum Menentor, in das die Namen von fast 55 000 vermissten Commonwealth-Soldaten eingraviert sind. Dort hielten sie eine Schweigeminute ab und wohnten dem traditionellen Zapfenstreich bei, mit dem an die Toten des Krieges von 1914 bis 1918 erinnert wird. Van Rompuy und EU-Kommissionschef José Manuel Barroso legten an dem Tor einen weißen Blumenkranz nieder.

Merkel will Cameron besänftigen

Nach dem Streit um den neuen Chef der EU-Kommission ist Bundeskanzlerin Merkel bereit, Großbritannien in inhaltlichen Fragen entgegenzukommen. Sie rechne damit, dass der britische Regierungschef David Cameron die Nominierung des Luxemburgers Jean-Claude Juncker für die Kommissionsspitze nicht mittragen werde, sagte Merkel. Dies sei aber "kein Drama", so Merkel vor dem Treffen der Europäischen Volkspartei (EVP) im belgischen Kortrjik. Es müsse aber angestrebt werden, dann "bei den inhaltlichen Fragen ein hohes Maß an Gemeinsamkeit" zu finden. Hier sei es möglich, dass die anderen Länder "ein Stück auf Großbritannien zugehen". Ähnlich äußerte sich Finnlands Premier Alexander Stubb: "Wir werden unsere Reformagenda der britischen Position annähern."

Entscheidung über Juncker am Freitag

Die 28 Staats- und Regierungschefs treffen sich an diesem Donnerstag zunächst in Ypern. Die flämische Stadt war im Ersten Weltkrieg, der vor 100 Jahren begann, besonders umkämpft (Hintergründe und Bilder aus dem SZ-Photo-Archiv). Bei einem Arbeitsessen soll über die strategische Ausrichtung der Europäischen Union bis 2019 beraten werden. Die Entscheidung, ob Jean-Claude Juncker neuer Kommissionspräsident wird, soll am Freitag bei einem Mittagessen in Brüssel fallen. Neben dem Briten Cameron gilt nur noch der ungarische Premier Viktor Orbán als strikter Juncker-Gegner.

Welche Vorbehalte es gegen den früheren Premierminister Luxemburgs gibt, lesen Sie in diesem Text der Brüsseler SZ-Korrespondenten Daniel Brössler und Cerstin Gammelin.

Sondergipfel für 17. Juli geplant

Der irische Premier Enda Kenny verkündet vor den Journalisten, dass für den 17. Juli ein EU-Sondergipfel geplant sei. SZ-Korrespondentin Cerstin Gammelin ordnet dies in den Zeitplan ein: "Morgen soll Juncker nominiert werden, dann muss er eine Mehrheit im EU-Parlament für sich finden. Dieses stimmt am 16. Juli ab." Wenn die Abgeordneten Juncker bestätigt haben, geht es um weitere Ämter. Am 17. Juli soll entschieden werden, wer künftig EU-Ratspräsident (bisher Herman Van Rompuy), EU-Außenbeauftragter (bisher Catherine Ashton) und Eurogruppen-Chef (bisher Jeroen Dijsselbloem) wird. Der Begriff "Sondergipfel" bedeutet nur, dass das Treffen nicht im regulären Turnus stattfindet.

Klimaschutz, Energiepolitik und das Arbeitsprogramm für die neue Kommission

Neben den Personalfragen beschäftigen sich die 28 Staats- und Regierungschefs vor allem mit der Energie- und Klimapolitik, was auch am politischen Konflikt mit Russland um die Zukunft der Ukraine liegt. Die EU will versuchen, von Energielieferungen aus Russland möglichst unabhängig zu werden. Zudem ist geplant, dass die EU am Freitag dem zweiten Teil des Assoziierungs- und Freihandelsabkommens mit der Ukraine zustimmen wird. Ähnliche Abkommen werden auch mit der Republik Moldau und mit Georgien unterzeichnet (Details über die Gipfel-Agenda in diesem SZ-Text).

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