Süddeutsche Zeitung

Ansteckungsgefahr:Auch für Regierungschefs gelten Corona-Regeln

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Verkleinerte Delegationen, Maskenpflicht und der größte Raum den das Ratsgebäude zu bieten hat: Wie verhindert werden soll, dass der EU-Gipfel zum Superspreader-Event wird.

Von Karoline Meta Beisel

Bei diesem Gipfel steht mehr auf dem Spiel als der Wiederaufbau der Europäischen Union nach der Corona-Krise: Es geht auch um die Gesundheit der Teilnehmer. Ein Treffen mit 27 Staats- und Regierungschefs - in Zeiten der Pandemie gilt das schon beinahe als Großveranstaltung, noch dazu gehört der ein oder andere zur Risikogruppe. Das Team von EU-Ratschef Charles Michel muss also nicht nur dafür Sorge tragen, dass das Treffen inhaltlich ein Erfolg wird. Es muss auch sicherstellen, dass aus dem EU-Gipfel kein Superspreader-Event wird.

Einschränkungen bedeutet das vor allem für die Delegationen der Mitgliedstaaten selbst. Normalerweise dürfen jeweils 19 Delegierte aus den Hauptstädten oder den Brüsseler Vertretungen ihren Regierungschef oder ihre Kanzlerin begleiten. Bei diesem Treffen aber sind gerade mal sechs pro Land erlaubt. Viele EU-Länder planen trotzdem mit größeren Delegationen, das Ratsgebäude an der Brüsseler Rue de la Loi dürfen die dann aber nicht betreten; sondern nur von den jeweiligen Vertretungen aus zuarbeiten.

Aber auch für diejenigen, die einen der Eintrittspässe bekommen, wird das übliche Köpfezusammenstecken diesmal eher ein engagiertes Winken werden. "Es wird zur Begrüßung der Regierungschefs keinen Handschlag geben", warnt ein EU-Beamter. Um den Sicherheitsabstand wahren zu können, tagen die Regierungschefs in dem Saal mit der Nummer EBS 5 - mit 850 Quadratmetern der größte, den das Gebäude zu bieten hat. Eigentlich hätten darin 330 Menschen Platz. Die Atemluft in diesem Raum ist "gefilterte Frischluft, keine wiederaufbereitete". Selbst für den Fall, dass einer der Regierungschefs schon fiebrig beim Gipfel erscheinen sollte, sind die Gastgeber vorbereitet. Natürlich sei ein Doktor vor Ort, aber: "Wer Symptome zeigt, muss das Treffen verlassen", sagt ein EU-Beamter. Für die Beschlussfähigkeit sei das kein Hindernis: Es komme immer wieder mal vor, dass sich ein Regierungschef durch einen anderen vertreten lasse.

Innerhalb des Gebäudes ist der Sicherheitsabstand einzuhalten, wo das nicht geht, muss Mundschutz getragen werden - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich neulich bereits mit einer blauen Maske gezeigt, auf der das Logo der deutschen EU-Ratspräsidentschaft prangt. Mit Blick auf national möglicherweise unterschiedliche Maskenmoden könnten die Pressebilder vom Gipfel diesmal also besonders interessant werden.

Aber auch für Journalisten wird diese Sitzung des Europäischen Rates eine besondere werden. Normalerweise halten sich während der Gipfel Hunderte Journalisten im Ratsgebäude auf. Diesmal aber werden die allermeisten von ihnen das Geschehen von zu Hause aus oder aus dem Büro verfolgen und ihre Quellen nicht auf den Fluren des Europa-Gebäudes, sondern per Telefon oder SMS befragen müssen. Zugang bekommen nur wenige Kamerateams von Nachrichtenagenturen, um dabei sein zu können, wenn sich einer der Regierungschefs öffentlich äußern möchte. Das Material wird mit allen geteilt - wenn die Verteilung der Corona-Hilfen nur auch so einfach wäre.

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Quelle:
SZ vom 17.07.2020
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