Süddeutsche Zeitung

Energiekrise:EU-Staaten sollen Gas gemeinsam ordern

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Die Kommission will verhindern, dass sich die Länder überbieten. Einen echten Preisdeckel schlägt die Behörde aber nicht vor, trotz Drängens vieler Regierungen.

Von Björn Finke, Brüssel

Gasimporteure in EU-Staaten sollen künftig einen Teil ihrer Bestellungen bündeln müssen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf legte die EU-Kommission am Dienstag in Straßburg vor. Dies soll den Mitgliedstaaten eine bessere Verhandlungsposition gegenüber Förderländern verschaffen. "In diesem Jahr haben sich unsere Firmen gegenseitig überboten und so die Preise hochgetrieben", sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Doch wenn die leeren Gasspeicher im kommenden Frühjahr wieder gefüllt werden müssen, "werden wir unsere Kräfte bündeln". Kommissions-Vizepräsident Frans Timmermans ergänzte, die nächsten Winter würden "hart werden, aber das heutige Paket hilft dabei, europäische Familien warm und die Industrie am Laufen zu halten".

Die EU-Staats- und Regierungschefs werden über die Vorschläge bei ihrem Gipfel in Brüssel am Donnerstag und Freitag diskutieren. Die Energieminister der Mitgliedsländer könnten das Gesetz noch im November verabschieden. Allerdings werden einige EU-Regierungen unzufrieden sein mit dem Paket der Behörde: Mehr als die Hälfte der Mitgliedstaaten hat gefordert, einen Preisdeckel für Gas einzuführen. Zu den Gegnern dieser Idee gehörten wiederum die deutsche und niederländische Regierung. Diese Kritiker befürchten, dass künstlich gesenkte Notierungen zu mehr Verbrauch und weniger Lieferungen von Förderländern führen.

Uniper soll seinen Bedarf einer Plattform melden

Die Kommission verzichtet nun auf einen allgemeinen Preisdeckel. Sie will lediglich die Möglichkeit schaffen, eine bewegliche Obergrenze für wenige Monate einzuziehen, falls Preise an Europas Gashandelsplätzen extrem steigen oder schwanken. Der Regelung zufolge muss das Limit hoch genug gesetzt sein, damit der Verbrauch nicht wächst oder die Versorgungssicherheit leidet. Außerdem müssen die EU-Regierungen einer Einführung gesondert zustimmen.

Daneben widmet sich die Behörde dem Problem, dass der europäische Gaspreis-Index TTF nicht mehr richtig die Gegebenheiten des Marktes widerspiegelt. Viele langfristige Lieferverträge nehmen Bezug auf dieses Preisbarometer, doch das bildet in erster Linie die Lage bei Pipeline-Gas ab. Die Engpässe nach den Ausfällen russischer Lieferungen treiben den Index hoch, während sich EU-Staaten in Wirklichkeit immer stärker über Flüssigerdgas-Importe via Tankschiff versorgen. Bis Ende März will die Kommission daher einen eigenen Preis-Index für Flüssigerdgas-Einfuhren entwickeln lassen. Setzt der sich am Markt durch, würden Verbraucher weniger zahlen müssen, so die Hoffnung.

Auch die gemeinsame Gasbestellung soll die Preise senken. Die Kommission gründete bereits im April eine Einkaufsplattform, aber da ging es nicht voran. Deswegen macht die Behörde die Beteiligung jetzt verpflichtend. Jedes Mitgliedsland soll ein Nachfragevolumen über die Plattform laufen lassen, das mindestens 15 Prozent seines Gasspeicherbedarfs entspricht. Die Gasimporteure, in Deutschland etwa die verstaatlichte Firma Uniper, sollen ihre Wünsche der Plattform mitteilen. Diese holt Angebote für die Gesamtmenge ein. Am Ende dürfen jedoch die Importeure entscheiden, ob sie wirklich kaufen wollen oder ihnen die Offerte nicht behagt.

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