EU:Farage: Frankreichs Champagner-Hersteller sorgen schon für "vernünftigen Deal"

  • Selbst wenn es keinerlei Deal zwischen Briten und der EU gäbe, wäre dies "besser als der jetzige Zustand", sagte Farage.
  • Den Brexit nannte Farage einen "Sieg der kleinen, normalen, anständigen Leute über die großen Konzerne, die großen Banken, die große Politik, Reichtum, Macht".
  • Parlamentspräsident Schulz sagte, Farages Wunsch nach mehr Privatleben sei "nicht kompatibel" mit den Aufgaben eines vollwertigen EU-Abgeordneten.

Von Thomas Kirchner, Straßburg

Am Dienstag, als in Straßburg über den Brexit debattiert wurde, fehlte Nigel Farage. Als "Ratte, die das sinkende Schiff verlässt" war er beschimpft worden, nachdem er seinen Rückzug von der Spitze der britischen Ukip verkündet hatte. Am Mittwoch meldete er sich per Pressekonferenz zu Wort, triumphierend und zynisch wie gehabt.

Seine "Mission" sei mit dem Votum erfüllt, sagte Farage, nun werde er sein Mandat im EU-Parlament nützen, die Austrittsverhandlungen der britischen Regierung mit der EU zu kommentieren. Das Referendum sei unumkehrbar, er hoffe auf eine baldige Nachricht nach Brüssel, aber das sei Sache des nächsten Premierministers. "Es wird nicht wie in Irland oder Dänemark laufen", wo es nach EU-kritischen Voten zu Wiederholungen kam.

Hinsichtlich der wirtschaftlichen Folgen eines Austritts für Großbritannien zeigte sich Farage optimistisch. "Frankreichs Champagner- und Weinhersteller und die deutsche Autoindustrie" würden sicher für einen "vernünftigen Deal" mit den Briten werben. Und selbst wenn es keinerlei Deal gäbe, wäre dies "besser als der jetzige Zustand". Großbritannien sei nun frei, es werde nicht Europa verlassen, sondern das Projekt einer politischen Union, die "im Sterben" liege.

Den Brexit nannte Farage einen "Sieg der kleinen, normalen, anständigen Leute über die großen Konzerne, die großen Banken, die große Politik, Reichtum, Macht". Diese Entscheidung mache anderen in Europa große Hoffnung. Eine Kooperation mit EU-Kritikern wie Geert Wilders, Marine Le Pen oder Frauke Petry strebt Farage jedoch explizit nicht an.

Die EU-Kommission hat derweil auf Angriff umgeschaltet

Inspiriert hätten ihn vielmehr die "jungen unabhängigen Blogger", die das Ukraine-Referendum in den Niederlanden bewirkten oder die italienischen Fünf Sterne. Parlamentspräsident Martin Schulz merkte später an, Farages Wunsch nach mehr Privatleben sei "nicht kompatibel" mit den Aufgaben eines vollwertigen EU-Abgeordneten.

Die EU-Kommission hat derweil, nach tagelanger Kritik, die in Rücktrittsforderungen gegen Präsident Jean-Claude Juncker gipfelte, auf Angriff umgeschaltet - mit Frans Timmermans als Mittelstürmer. Nun "den Kopf" seines Chefs zu fordern sei "politisch schwach, moralisch fragwürdig, intellektuell faul", donnerte der Vizepräsident in Straßburg. Die Kritiker seien auf "Zerstörung um der Zerstörung willen" aus, statt etwas für ihre Bürger aufzubauen. Juncker sei ganz anders als Farage: "Wenn es hart wird, geht er an die Arbeit."

Mit sich fast überschlagender Stimme rief der Niederländer die Abgeordneten auf, sich zu ihrem Mandat zu bekennen und sich nicht von "Großmäulern" einschüchtern zu lassen: "Ihr seid die Vertreter von mehr als 500 Millionen Menschen, seid stolz darauf."

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