EU:Europas Wirtschaft erholt sich

Brüssel (dpa) - Die Konjunktur in den 18 Euro-Ländern erholt sich nur langsam. Auch Portugal kommt aus der Rezession - das südeuropäische Land verlässt zur Monatsmitte den europäischen Rettungsschirm und will keine Notkredite mehr erhalten.

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Brüssel (dpa) - Die Konjunktur in den 18 Euro-Ländern erholt sich nur langsam. Auch Portugal kommt aus der Rezession - das südeuropäische Land verlässt zur Monatsmitte den europäischen Rettungsschirm und will keine Notkredite mehr erhalten.

Aber die Defizite von Schuldensündern wie Frankreich bleiben zu hoch. Im laufenden Jahr erwartet die EU-Kommission weiter ein schwaches Wachstum für die Euroländer von 1,2 Prozent. Die Krise in der Ukraine stelle die größte Gefahr für den Aufschwung dar, warnte EU-Vize-Kommissionspräsident Siim Kallas am Montag in Brüssel.

Kallas stellte die Frühjahrsprognose für die Eurozone vor. Danach erwartet die EU-Kommission für das kommende Jahr nur noch 1,7 Prozent Wachstum, eine leichte Korrektur nach unten. Die Arbeitslosigkeit bleibe hoch, auch wenn sie etwas rascher sinke als bislang erwartet.

Portugal bekommt bei dem Treffen der Euro-Finanzminister für seinen angekündigten "sauberen Ausstieg" aus dem Rettungsschirm Rückenwind der Euro-Partner. "Ich denke, sie haben die richtige Entscheidung getroffen", sagte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem mit Blick auf die Ankündigung Lissabons, nicht nach Überbrückungshilfen der Europartner zu rufen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) fügte hinzu: "Portugal ist auf einem guten Weg(...), wie die Eurozone insgesamt."

Die Mitte-Rechts-Regierung von Ministerpräsident Pedro Passos Coelho hatte am Sonntagabend in Lissabon beschlossen, nach dem Auslaufen der internationalen Finanzhilfen am 17. Mai keinen Kreditrahmen für den Notfall zu beantragen. EU-Kommissar Kallas mahnte: "Die portugiesische Regierung darf sich nicht auf den Lorbeeren ausruhen. Es muss weitergehen mit den Reformen."

Die Euro-Partner und der Internationale Währungsfonds (IWF) hatten Portugal ab 2011 mit insgesamt 78 Milliarden Euro an zinsgünstigen Krediten unter die Arme gegriffen, um einen Finanz-Kollaps zu vermeiden. Seitdem fährt die Regierung einen harten Spar- und Reformkurs. Für dieses Jahr erwartet Brüssel 1,2 Prozent und für das nächste 1,5 Prozent Wachstum für das Land. Kommissionschef José Manuel Barroso erklärte zur Lage in seinem Heimatland: "Die Fundamente für nachhaltiges Wachstum sind gelegt worden."

Auch Frankreich und Spanien mühen sich mit Reformen ab, bekommen aber ihre staatlichen Defizite nicht in den Griff. Laut EU-Prognose wird Paris es auch im nächsten Jahr trotz eines milliardenschweren Sparprogramms nicht schaffen, wie versprochen die Maastricht-Grenze von drei Prozent der Wirtschaftsleistung einzuhalten. Demnach wird Frankreich 2015 mit einem Defizit von 3,4 Prozent die Marke reißen - nach 3,9 Prozent im laufenden Jahr. Die Pariser Regierung hat gerade ein Sparpaket beschlossen, um bis 2017 rund 50 Milliarden Euro im Haushalt einzusparen. Kallas mahnte: "Das Defizit unter Kontrolle zu halten, ist ein wichtiges Ziel."

Frankreichs Finanzminister Michel Sapin hielt dagegen an seiner Prognose für ein Defizit von 3,0 Prozent in 2015 fest. Die Abweichung der EU-Zahlen begründete Sapin in Paris damit, die Brüsseler Prognose berücksichtige die angekündigten Einsparungen nur zum Teil.

Die Bundesregierung lehnt einen Vorstoß Frankreichs zur Beeinflussung des Euro-Wechselkurses ab. Der Euro-Kurs sei Angelegenheit der Europäischen Zentralbank (EZB), die hier unabhängig arbeite "und der wir auch keine Empfehlungen zu geben haben", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Zuvor hatte der französische Premier Manuel Valls erklärt, der Euro sei zu stark.

Für Spanien, das 2016 wieder die Drei-Prozent-Marke einhalten muss, sind die Aussichten der EU-Kommission eher düster. Die Prognose nennt 5,6 Prozent Defizit in diesem Jahr und 6,1 Prozent in 2015. Das Ziel dürfte somit kaum zu schaffen sein.

Musterschüler Deutschland schneidet nach wie vor in der EU-Vorhersage gut ab. Die größte Volkswirtschaft in der Eurozone soll wie erwartet in diesem Jahr um 1,8 und im kommenden Jahr um 2,0 Prozent wachsen.

Die Staaten müssten weiter Reformen umsetzen, mahnte Kallas. Es gebe aber Anlass zum Optimismus, da die Rezession vorüber sei. Kallas, der während des Europawahlkampfs EU-Währungskommissar Olli Rehn vertritt, sagte: "Der Aufschwung hat Fuß gefasst. Die Defizite sinken, es wird wieder investiert und die Beschäftigungslage bessert sich." So werde die Arbeitslosigkeit in den Euroländern nach ihrem Rekordhoch nun in diesem Jahr auf 11,8 und im kommenden Jahr auf 11,4 Prozent sinken; deutlich schneller, als bisher von der EU-Kommission prognostiziert.

Allerdings sorgt sich Kallas um die wirtschaftlichen Folgen der "Spannungen und Unsicherheit um uns herum, insbesondere bezogen auf die Krise in der Ukraine." Besonders leiden würden darunter EU-Länder mit starken Beziehungen zu Russland, wie etwa Zypern.

Griechenland hofft auf weitere Erleichterungen bei der Rückzahlung seiner Schulden, wie etwa niedrigere Zinssätze und längere Rückzahlungsfristen. EU-Kommissar Kallas sagte: "Schuldenabbau ist eine sehr wichtige Frage, die mit den Kreditgebern diskutiert werden muss." Er glaube nicht, dass es viel Handlungsspielraum gebe. Eurogruppen-Chef Dijsselbloem erklärte dazu: "Ob Maßnahmen zur Schuldenerleichterung nötig sind, wird voraussichtlich nach der nächsten (Troika-)Überprüfung Ende des Sommers besprochen werden".

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