EU einig beim Klimaschutz:Merkel bremst Hoffnungen

Am zweiten Tag des Brüsseler Gipfels ringen sich die Staats- und Regierungschefs zu einem Kompromiss beim Klimaschutz durch. Doch die Bundeskanzlerin rechnet nicht mehr mit einem Vertrag beim Weltklimagipfel.

Die europäischen Staats- und Regierungschefs haben sich auf ein Verhandlungsmandat für den Weltklimagipfel in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen im Dezember geeinigt. Die EU habe nun eine "starke Position" für Kopenhagen, sagte der schwedische Ministerpräsident und amtierende Ratsvorsitzende Fredrik Reinfeldt beim EU-Gipfel in Brüssel.

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Kanzlerin Merkel mit dem französischen Präsidenten Sarkozy im Gespräch.

(Foto: Foto: AFP)

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) rechnet beim Weltklimagipfel in Kopenhagen jedoch nicht mit der Verabschiedung eines internationalen Klimavertrags. "Wir wollten mal in Kopenhagen ein Abkommen schaffen mit Paragraphen und allem", sagte die Kanzlerin zum Abschluss des EU-Gipfels in Brüssel über die geplante Nachfolgeregelung für das 2012 auslaufende Kyoto Protokoll. "Jetzt reden wir von einem politischen Rahmen, der verabredet werden soll."

Großteil der Milliardenhilfe aus Deutschland

In dem Verhandlungsmandat lassen die EU-Staaten Diplomaten zufolge offen, welchen finanziellen Beitrag sie für den Kampf gegen den Klimawandel in armen Ländern leisten wollen. Deutschland wird im Kampf gegen den Klimawandel jedoch einen Großteil der milliardenschweren Hilfen für die Entwicklungsländer leisten müssen, so Merkel.

Ab 2020 müssten jährlich rund 100 Milliarden Euro dafür aufgewendet werden, wovon die EU rund ein Drittel schultern müsse, sagte Merkel zum Abschluss des Gipfels. Nach dem üblichen Schlüssel könnten davon wiederum auf Deutschland rund 20 Prozent entfallen. Dies seien aber nicht allein staatliche Mittel, sondern auch Erlöse aus dem Verkauf von Kohlendioxid-Verschmutzungsrechten.

Die Bedenken Polens und osteuropäischer Länder über die Lastenteilung innerhalb der EU konnten laut dem EU-Ratsvorsitzenden Reinfeldt ausgeräumt werden. Neun mittel- und osteuropäische Länder hatten Garantien gefordert, dass sie nicht über Gebühr finanziell belastet werden.

Zwei-Grad-Regelung als Ziel

Die Finanzierung der Hilfen für die ärmsten Länder stand im Mittelpunkt des Gipfels rund einen Monat vor der entscheidenden Weltklimakonferenz in Kopenhagen. Zudem bekräftigte die EU ihre Emissionsreduzierungsziele und rief die UN-Klimakonferenz auf, sich das sogenannte Zwei-Grad-Ziel zu eigen zu machen. Danach soll im Vergleich mit dem vorindustriellen Zeitalter der Temperaturanstieg auf zwei Grad begrenzt werden. So könnten nach Auffassung von Wissenschaftlern zumindest die schlimmsten Folgen des Klimawandels eingedämmt werden.

Die EU sieht sich in einer Vorreiterrolle beim Kampf gegen die Erderwärmung. Beim Weltklimagipfel im Dezember in Kopenhagen will sie das Tempo vorgeben. Die EU-"Chefs" mussten sich dafür auf ein Verhandlungsmandat für Schweden einigen.

Greenpeace: Berlin bremst

Die Umweltorganisation Greenpeace machte dagegen auch die Bundesregierung als Bremser in der weltweiten Klimapolitik aus. "Deutschland spielt hier eine sehr unrühmliche Rolle", sagte Stefan Krug, Leiter der politischen Vertretung von Greenpeace in Berlin. "Sie sind alles andere als ein Motor, sondern ein Blockierer." Der EU drohe "ein großer Glaubwürdigkeitsverlust", weil kein konkreter finanzieller Beitrag der europäischen Staaten zu den Klimamaßnahmen in Entwicklungsländern genannt worden sei.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wies die Kritik zurück. Bevor die EU Angebote mache, müssten große Volkswirtschaften wie die USA und China entsprechend mitmachen. "Was wir unter Erfolg verstehen: Das ist ein klares Bekenntnis zum Zwei-Grad-Ziel und das ist die Bereitschaft der Länder, Verpflichtungen zu übernehmen", sagte sie.

Spekulationen über EU-Ratspräsidentschaft

Für Aufregung sorgen weiter Spekulationen, wer von Ende des Jahres an der erste EU-Ratspräsident wird. Für den neuen Spitzenposten ist auch der niederländische Ministerpräsident Jan Peter Balkenende im Rennen. Diese Personalie sorgt allerdings für Ärger zwischen den Regierungsparteien. Nach Medienberichten appellierten die sozialdemokratische Partei der Arbeit (PvdA) und die calvinistische Christenunion an Balkenende, auf den Job zu verzichten.

Deutschland und Frankreich haben unterdessen bei der Besetzung der neuen europäischen Spitzenposten ein gemeinsames Vorgehen verabredet. Der französische Präsident Nicolas Sarkozy kündigte an, er und Bundeskanzlerin Merkel unterstützten "den gleichen Kandidaten" für das Amt des ständigen EU-Ratspräsidenten. Einen Namen nannte Sarkozy nicht. Auch Angela Merkel wollte sich zu den Personalfragen nicht äußern.

Der Top-Job des EU-Ratspräsidenten in Brüssel ist Bestandteil des Lissabon-Vertrages, der voraussichtlich zum Jahresende in Kraft treten kann.

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