EU - Dresden:Studie: AfD erfolgreicher in Regionen mit mehr Abwanderung

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Dresden (dpa) - Je stärker eine deutsche Region in den vergangenen drei Jahrzehnten von Abwanderung betroffen war, desto besser schneidet die AfD dort bei Wahlen ab. Zu diesem Ergebnis kommt die am Dienstag in Dresden veröffentliche Studie "Emigration in Europa" des Mercator Forum Migration und Demokratie an der Technischen Universität Dresden.

Dieser Effekt lasse sich unabhängig von Faktoren wie Bevölkerungsdichte, Siedlungstyp, Altersstruktur, Arbeitslosenquote, Bruttoinlandsprodukt oder dem Anteil an Hartz-IV-Empfängern beobachten, so die Autoren. Allerdings sei der Zusammenhang zwischen der so genannten Wanderungsbilanz und Wahlergebnissen der AfD in Westdeutschland stärker ausgeprägt als in Ostdeutschland. Für die Wanderungsbilanz werden Zu- und Fortzüge von Menschen miteinander verrechnet. Im Osten war demnach für das Abschneiden der AfD außerdem weniger die Abwanderung nach der Wiedervereinigung relevant, sondern die zweite Welle nach der Jahrtausendwelle.

"Dieses Ergebnis legt nahe, dass die Stärke der AfD auch mit den Verlustgefühlen der Zurückgebliebenen zu tun hat, die vor Ort die Folgen einer Ausdünnung der sozialen Infrastruktur spüren", erklärte der Direktor des Mercator Forums und Herausgeber der Studie, der Politikwissenschaftler Hans Vorländer. "Die damit verbundene Frustration kann sich die AfD zunutze machen."

Nach dem Jahr 2000 hätten vor allem jüngere Menschen, Gutausgebildete und insbesondere Frauen Ostdeutschland verlassen, sagte Maik Herold, einer der Co-Autoren der Studie.

In Ostmittel- und Südeuropa haben hohe Abwanderungsraten den Forschern zufolge rechtspopulistische Parteien hingegen nicht begünstigt. Im Gegenteil: "Dort, wo verstärkt Menschen ins Ausland abwandern, konnten Rechtspopulisten bei der letzten Europawahl im Schnitt weniger Stimmenanteile gewinnen", sagte Vorländer. In wirtschaftlich schwachen Regionen können hohe Auswanderungsraten rechte Parteien laut Studie hingegen durchaus stärken.

Im Gegensatz zur Einwanderung werde das Thema Auswanderung weniger zur Mobilisierung genutzt, so Vorländer. "Vor allem in mittel- und osteuropäischen Ländern wird das Bild des fleißigen Auswanderers gezeichnet und dem des in Sozialsysteme einwandernden Flüchtlings entgegengesetzt."

Warum die Forscher für Europa generell keinen Zusammenhang zwischen Abwanderung und Erfolg rechtspopulistischer Parteien feststellten, darüber konnten die Autoren nur spekulieren. Über die quantitative Studie hinaus seien dazu qualitative Analysen notwendig, so Vorländer. Er verwies aber auf positive Effekte von Auswanderung, die aus der Migrationsforschung bekannt seien und eine Rolle spielen könnten, etwa Rücküberweisungen von Ausgewanderten an Freunde und Familie im Herkunftsland. Denkbar sei auch, dass Menschen mit Sympathie und Stolz auf Ausgewanderte blickten und Emigration nicht als negativ betrachteten.

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