Wirtschaft:EU stoppt geplante Digitalabgabe für Unternehmen

Plenarsitzung des Europäischen Parlaments

Ursula von der Leyen, Präsidentin der EU-Kommission, im Europäischen Parlament.

(Foto: dpa)

Damit will die Europäische Kommission den Weg für eine globale Steuerreform freimachen. Vor allem die USA hatten sich gegen die Digitalabgabe ausgesprochen.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Nach der grundsätzlichen Einigung der zwanzig weltweit größten Industrie- und Handelsstaaten (G20) auf eine globale Mindeststeuer hat die EU-Kommission ihre Pläne gestoppt, eine europaweite Digitalabgabe zu erheben. Das sagte ein Kommissionssprecher am Montag in Brüssel. Damit hat die Brüsseler Behörde ein entscheidendes Hindernis aus dem Weg geräumt, das nach Ansicht der USA die am vergangenen Wochenende beim G-20-Gipfel in Venedig getroffene globale Steuerreform noch hätte gefährden können. Zugleich sind neue Probleme entstanden - die Digitalabgabe sollte dazu dienen, die Schulden des in der Pandemie aufgelegten EU-Corona-Hilfstopfes abzustottern.

Vor allen die USA waren gegen die Digitalabgabe gewesen. Sie fürchten, dadurch könnten die dort ansässigen Tech-Konzerne - Amazon, Apple, Google - mehrfach zur Kasse gebeten werden. US-Finanzministerin Janet Yellen war direkt vom Treffen der G20 nach Brüssel weitergereist, wo sie von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen erwartet wurde. Die EU-Kommission wollte demnächst einen Gesetzesvorschlag vorlegen. Auch Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte seinen Urlaub abgebrochen, um nach Brüssel zu reisen. Yellen sollte auch am Treffen der europäischen Finanzminister teilnehmen.

Wer bekommt welche Steuereinnahmen?

Yellen hatte vor ihrer Abreise vom G-20-Treffen offen gewarnt, die globale Steuerreform könnte sich verzögern, sollten die Europäer eine eigene Digitalabgabe einführen. Die Verzögerung hätte vor allem den zweiten Teil betroffen. Danach sollen die Rechte zur Besteuerung der profitabelsten Konzerne der Welt - das sind vor allem US-Tech-Konzerne wie Amazon, Apple, Google - fairer verteilt werden. Staaten mit besonders vielen Kunden sollten ein größeres Stückchen vom Steuerkuchen abbekommen.

Der erste Teil der globalen Steuerreform ist die Vereinbarung, Unternehmensgewinne künftig weltweit mit mindestens 15 Prozent zu besteuern. Damit sollen Steueroasen ausgetrocknet und Niedrigsteuerländer bewegt werden, mehr Steuern zu erheben. Yellen und Scholz hatten die Vereinbarung in Venedig als "Fortschritt, der uns allen hilft", gelobt. Der Steuerwettlauf nach unten sei zu Ende, sagten sie. Die Reform soll 2023 in Kraft treten.

Offen ist aber, ob europäische Staaten wie Frankreich und Spanien die national eingeführten Digitalsteuern zurücknehmen. Der finanzpolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament, Sven Giegold, sagte, die transatlantische Partnerschaft bedeute, auf eigene europäische Digitalsteuer-Pläne zu verzichten, wenn die Mindeststeuer wie geplant eingeführt werde. Er forderte Scholz auf, mit Yellen für einen deutlich höheren Mindeststeuersatz als 15 Prozent zu kämpfen. "Olaf Scholz sollte sich hinter Janet Yellen stellen und den Steuersatz von 21 Prozent auch für Europa einfordern", sagte Giegold am Montag. Bevor der US-Kongress abstimme, sollte Europa als Signal der Unterstützung den höheren Satz einführen.

Bis Oktober sollen die letzten Fragen geklärt werden. Der Kommissionssprecher betonte, es brauche eine gemeinsame Anstrengung, um das Vorhaben zu vollenden. Dazu gehört auch die Frage, wie die EU-Staaten die Kredite refinanzieren, die über den EU-Corona-Topf ausgegeben werden, wenn dafür vorgesehene Mittel wie die Digitalabgabe gestrichen werden.

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