Süddeutsche Zeitung

Landwirtschaft:EU verbietet gefährliches Pestizid Chlorpyrifos

  • Die EU verbietet das weltweit verbreitete Pestizid Chlorpyrifos.
  • Studien zufolge kann es sich auf die Gehirne von Kindern auswirken, den Intelligenzquotienten mindern und zu Aufmerksamkeitsstörungen führen.
  • Mit Chlorpyrifos behandeltes Gemüse oder Obst gelangte über Importe immer wieder in deutsche Supermärkte.

Von Katrin Langhans

Die Europäische Kommission verbietet den Einsatz des umstrittenen Insektizides Chlorpyrifos. Damit folgen die Beamten einer Empfehlung der Europäischen Lebensmittelüberwachungsbehörde Efsa, die bereits im August zu dem Schluss gekommen war, man könne die Erlaubnis für das Insektizid nicht verlängern - aufgrund der möglichen neurologischen und genotoxischen Auswirkungen auf die Gesundheit.

Chlorpyrifos gehört zu den beliebtesten Insektiziden weltweit, Landwirte verwenden es, um Gemüse und Obst vor Insekten zu schützen. Das Insektizid ist zwar in Deutschland schon seit einigen Jahren nicht mehr auf dem Markt, mit Chlorpyrifos behandeltes Gemüse oder Obst gelangt aber hierzulande über Importe in den Supermarkt. Allein im Jahr 2017 fanden Kontrolleure bei Sonderkontrollen in Deutschland in jeder vierten Mandarine und in mehr als jeder dritten untersuchten importierten Grapefruit und Orange Rückstände von Chlorpyrifos.

Eine klare Mehrheit der Mitgliedsstaaten sprach sich nun am Freitag in Brüssel dafür aus, das Mittel EU-weit zu verbannen. 26 der 28 Mitgliedsländer stimmten für das Verbot des gefährlichen Pestizides, wie das Bundeslandwirtschaftsministerium der Süddeutschen Zeitung mitteilt. "Wir haben für das Verbot gestimmt und sind froh über die Entscheidung", sagt eine Sprecherin des Bundeslandwirtschaftsministeriums der SZ.

Schon die kleinste Dosis kann sich auf das Gehirn auswirken

Bereits vor acht Jahren kam eine Langzeitstudie aus Kalifornien zu dem Schluss, dass das Pflanzenschutzmittel Auswirkungen auf das kindliche Gehirn haben kann. Es soll den Intelligenzquotienten von Kindern senken und zu Aufmerksamkeitsstörungen führen.

Schon die kleinste Dosis kann sich auf das Gehirn auswirken. So urteilte vor etwa zwei Jahren ein Expertenteam des schwedischen Karolinska Institutet der Universität Stockholm und der Harvard School of Public Health. Der Forscher Axel Mie hatte einen Fehler in den Rohdaten einer Studie gefunden, die bereits bei der Zulassung des Insektizides eingereicht worden war. Mies Fund trug dazu bei, dass die Europäische Lebensmittelüberwachungsbehörde zu dem Schluss kam, man solle die Erlaubnis, das Pflanzenschutzmittel zu verwenden, nicht verlängern.

Der Hersteller Corteva hingegen hatte bis zuletzt beteuert, kein Wirkstoff sei gründlicher untersucht worden als Chlorpyrifos. Auf Anfrage teilte Corteva Journalisten von Le Monde, Investigate Europe und der Süddeutschen Zeitung mit, man sei enttäuscht, dass die EU-Kommission die Erlaubnis für das Pflanzenschutzmittel nicht erneuern wolle. Man entziehe so Farmern ein essentielles Werkzeug, um Pflanzen zu schützen.

"Chlorpyrifos hätte niemals eine EU-Zulassung bekommen dürfen", sagt Harald Ebner, der für die Grünen im Bundestag und im Agrarausschuss sitzt. "Ein nächster Schritt muss nun ein EU-weites Importverbot für Mandarinen, Orangen und andere Lebensmittel mit Chlorpyrifos-Rückständen sein", fordert Ebner. Das Bundeslandwirtschaftsministerium teilt mit, man wolle sich dafür einsetzen, die erlaubten Höchstwerte abzusenken.

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