EU-Außenminister:Mit Gewalt gegen Massenvernichtungswaffen

Die Außenminister der Europäischen Union halten den Einsatz von Gewalt gegen Länder mit unerlaubten Massenvernichtungswaffen unter bestimmten Voraussetzungen für legitim. Über eine Eingreiftruppe für Nahost sind sie sich jedoch nicht einig.

Die Europäische Union (EU) will notfalls den Einsatz von Gewalt gegen Länder mit unerlaubten Massenvernichtungswaffen unterstützen.

Bei einem Vorgehen sollte der UN-Sicherheitsrat eine entscheidende Rolle spielen, teilten die EU-Außenminister in einer am Montag in Luxemburg veröffentlichten Erklärung mit.

Vor der Anwendung von Gewalt müssten jedoch Präventivmaßnahmen und Sanktionen gescheitert sein.

Die EU äußerte sich nach Angaben von Diplomaten erstmals so deutlich in Hinblick auf unerlaubte atomare, biologische oder chemische Waffen.

"Die Anschaffung von Massenvernichtungswaffen oder damit verbundenen Materialien durch Terroristen würde eine zusätzliche Bedrohung für das internationale System bedeuten mit möglicherweise unkontrollierbaren Folgen", heißt es in der Erklärung.

Vorbehalte zu Friedenstruppe

Thema der Beratungen ist auch die jüngste Entwicklung in der Nahost-Krise. Der französische Außenminister Dominique de Villepin hatte am Sonntag eine "Machbarkeitsstudie" über den Einsatz einer Friedenstruppe vorgeschlagen.

Beim EU-Außenbeauftragten Javier Solana stießen die Vorschläge auf Vorbehalte. Er glaube nicht, dass die Zeit dafür reif sei, sagte Solana in Luxemburg. Es handele sich dabei zwar um eine "zweifellos interessante Idee, die später einmal notwendig sein könnte"; zurzeit gälte es jedoch, sich "auf die Sicherheitsfrage und die Umsetzung des Friedensplans" zu konzentrieren.

Der palästinensische Außenminister Nabil Schaath begrüßte dagegen die Idee einer Eingreiftruppe als Puffer zwischen Israel und den Palästinensern. Die palästinensische Regierung unterstütze diese Idee in vollem Maße, sagte er in Luxemburg.

Der Ausbruch der Gewalt in der Krisenregion hatte in der vergangenen Woche rund 60 Israelis und Palästinenser das Leben gekostet. Darunter waren mehrere Kinder. Die EU dringt darauf, dass die Konfliktparteien an dem Friedensfahrplan für die Region festhalten. Dieser sieht die Schaffung eines unabhängigen Palästinenserstaates innerhalb von drei Jahren vor.

Hoffnung auf Waffenstillstand

Schaath, der ebenfalls in Luxemburg ist, erklärte, er hoffe, dass die radikale Palästinenserorganisation am Dienstag einem "völligen Waffenstillstand" zustimmen wird.

"Wir stehen in ernsten Verhandlungen mit der Hamas mit Hilfe unserer ägyptischen Brüder," sagte Schaath am Rande des Treffens der EU-Außenminister. Daher wolle die palästinensische Autonomiebehörde derzeit nichts diskutieren, was diese Bemühungen negativ beeinflussen würde, warnte Schaath.

Laut Schaath könnte eine von der Hamas eingegangene Waffenruhe von einer vollständigen Rückübernahme der Kontrolle über den Gazastreifen und das Westjordanlandes durch die Palästinenser begleitet werden. Dies sei aber nur bei entsprechenden Zusagen von Israel und Hamas möglich.

Schaath begrüßte die diplomatischen Bemühungen der USA, den Friedensplan trotz der jüngsten Welle von Gewalt in der Region weiter zu verfolgen. In den vergangenen Tagen hätten sich die USA positiv eingesetzt, um die Israelis genauso wie die Palästinenser zur Einhaltung des Friedensplans zu bewegen, sagte der palästinensische Außenminister.

Eine ägyptische Vermittlungsdelegation versucht derzeit, mit den radikalen Palästinenserorganisationen über eine Waffenruhe zu verhandeln. Das Team unter der Führung des ranghohen Geheimdienstmitglieds General Mustafa el Buhiri traf am Montagmorgen im Gazastreifen mit Vertretern des Islamischen Dschihad zusammen.

Am Sonntag hatte die Delegation mit Hamas-Vertretern gesprochen. Die Organisation erklärte anschließend, sie wolle die Vorschläge aus Kairo prüfen, behalte sich aber das Recht auf "Widerstand gegen die israelische Besatzung" vor, womit Selbstmordanschläge gemeint sind.

(sueddeutsche.de/AP/AFP/dpa)

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