EU-Außengrenzen:Gabriel und Steinmeier schreiben Brandbrief an europäische Genossen

SPD-Bundesparteitag

Steinmeier und Gabriel: "Man kann nicht einfach Europas Außengrenzen neu definieren."

(Foto: Bernd Von Jutrczenka/dpa)
  • Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier wenden sich in einem gemeinsamen Appell an ihre sozialdemokratischen Parteifreunde in Europa.
  • Der SPD-Vorsitzende und der deutsche Außenminister warnen eindringlich vor einer Ausgrenzung Griechenlands.
  • Sie ärgern sich vor allem über die Staaten Osteuropas, die sich für Grenzsperren zwischen Griechenland und Mazedonien einsetzen.

Von Daniel Brössler

Wenige Tage vor dem EU-Gipfel in Brüssel haben sich der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier in einem dramatischen Appell an ihre sozialdemokratischen Parteifreunde in Europa gewandt und vor einer Ausgrenzung Griechenlands gewarnt.

"Ein formeller Ausschluss eines Mitgliedstaates aus dem Schengenraum oder seine de facto-Ausgrenzung sind Scheinlösungen, die die europäische Debatte vergiften", schrieben sie in einem Brief an die sozialdemokratischen Staats- und Regierungschefs sowie Außenminister. "Man kann nicht einfach Europas Außengrenzen neu definieren, und das noch über den Kopf betroffener Mitgliedstaaten hinweg", warnten sie.

Verärgerung über Polen, Tschechien, die Slowakei und Ungarn

Adressat ist auch Österreichs sozialdemokratischer Bundeskanzler Werner Faymann. Dessen christdemokratischer Außenminister Sebastian Kurz hat sich wiederholt für eine Blockade der Balkanroute ausgesprochen und dafür plädiert, notfalls ohne Griechenland eine Lösung zu suchen.

Verärgerung herrscht in der Bundesregierung vor allem über die Staaten der Visegrad-Gruppe (Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn), die sich ebenfalls für Grenzsperren zwischen Griechenland und Mazedonien einsetzen und vor dem EU-Gipfel zu einem eigenen Treffen in Prag zusammenkommen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung wies der Außenminister die Botschafter in Warschau, Prag, Budapest und Bratislava an, in Demarchen darauf hinzuweisen, dass die Bundesregierung alle Lösungen ablehne, die auf Alleingänge und Abschottung setzen.

"Eine vollständige Abschottung gegen Schutz suchende Menschen würde den grundlegenden Werten der europäischen Einigung widersprechen. Dies kann nicht der Weg der europäischen Sozialdemokratie sein", heißt es im Schreiben Gabriels und Steinmeiers an die Parteifreunde. Ziel müsse es aber sein, "die Kontrolle über die Flüchtlingsbewegung zu verbessern und die Zahl von Flüchtlingen zu senken, die nach Europa kommen".

Die SPD-Politiker fordern zusätzliche Hilfe für Griechenland

Erreicht werden müsse eine Verbesserung des Schutzes der EU-Außengrenzen, eine Verringerung der Zahl der aus der Türkei kommenden Migranten sowie mehr Effizienz beim Management der Flüchtlingsströme an den Binnengrenzen.

Für Griechenland fordern die SPD-Politiker zusätzliche Hilfe. "Europa kann nicht nur fordern, sondern muss auch helfen. Gerade beim Grenzschutz ist zusätzliche materielle, personelle und finanzielle Unterstützung erforderlich", mahnten sie.

Alle geplanten Hotspots müssten bis zum Gipfel einsatzfähig sein

Deutschland sei zu deutlich mehr Unterstützung für Griechenland und andere EU-Mittelmeeranrainer mit hohem Flüchtlingszuzug bereit. Die EU-Grenzschutzagentur Frontex habe bisher nur ein Drittel der angeforderten Kapazitäten erhalten. Das müsse sich ändern. Von Griechenland erwarte man zugleich, "dass es zusätzlich angebotene Hilfe vollumfänglich und unbürokratisch annimmt".

Alle geplanten Hotspots müssen bis zum Gipfel Ende nächster Woche einsatzfähig sein. Notwendig sei zunächst die lückenlose Registrierung aller Ankommenden. Bis zum Frühjahr müssten ausreichend Plätze zur Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung stehen, damit die bisher kaum stattfindende "Verteilung eines Großteils der Flüchtlinge tatsächlich möglich wird".

Die Türkei müsse gegen das "teils offen agierende Schleuserwesen am türkischen Festland" vorgehen, forderten Gabriel und Steinmeier. Gleichzeitig müsse die Türkei durch die Aufnahme von Flüchtlingskontingenten entlastet werden, notfalls durch eine "Koalition der Willigen". An den EU-Binnengrenzen müsse gemeinsam die Organisation verbessert werden. Das dürfe aber nicht zulasten von Nachbarn gehen, sondern müsse der " Herstellung von Ordnung an den Grenzen und einer besseren Identifikation der Flüchtlinge" dienen.

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