Süddeutsche Zeitung

Bulgarien:Grenzbeamte schossen offenbar einen Flüchtling an

Recherchen der ARD zufolge soll im Oktober an der türkisch-bulgarischen Grenze auf eine Gruppe von Menschen geschossen worden sein. Ein Mann wurde getroffen und verletzt. Das bulgarische Innenministerium dementiert.

An der EU-Außengrenze in Bulgarien ist nach Recherchen der ARD und anderer Medien ein Flüchtling mutmaßlich von bulgarischen Grenzbeamten angeschossen worden. Es handle sich um einen namentlich bekannten 19-jährigen Syrer, der nach dem Vorfall in ein türkisches Krankenhaus eingeliefert worden sei, heißt es in den Berichten. Offenbar habe die Kugel nur knapp sein Herz verfehlt. Die bulgarische Regierung bestreitet, dass ihre Grenzpolizisten auf Migranten geschossen haben. In einer Stellungnahme des Innenministeriums heißt es, 65 Personen hätten versucht, die Grenze "illegal zu überqueren".

Ein von den Medien verifiziertes Video vom 3. Oktober 2022 zeigt einen jungen Mann an der bulgarisch-türkischen Grenze inmitten einer Gruppe von Flüchtlingen. Sie werfen Steine in Richtung Grenzzaun. Ein Schuss ist zu hören, danach bricht der junge Mann zusammen. Die genaue Videoanalyse legt laut den ARD-Journalisten nahe, dass der Schuss aus etwa 30 Metern Entfernung aus Richtung der bulgarischen Grenze abgegeben worden sein könnte. Der verletzte Mann erzählte später, zunächst hätten die Beamten Warnschüsse abgegeben und dann direkt auf ihn gefeuert. In der Darstellung des bulgarischen Innenministeriums heißt es, dass das Verhalten der Migranten "aggressiv" gewesen sei. Ein Polizeiauto sei von Steinen beschädigt und ein Grenzpolizist verletzt worden.

Die Europäische Kommission bescheinigte Bulgarien noch im November, beim Grenzschutz viel Engagement zu zeigen und dem hohen Migrationsdruck effektiv entgegenzutreten. Laut den bulgarischen Behörden versuchten in diesem Jahr bisher 150 000 Menschen von der Türkei in das Land kommen. Das wären vier mal so viele wie im Vorjahr, damals waren es etwa 36 000. Die Grenzpolizei wurde deswegen durch Soldaten verstärkt. Ein bulgarischer Polizist wurde am 8. November bei der Bewachung der Grenze zur Türkei erschossen. Der Schuss kam nach bulgarischen Angaben aus dem Staatsgebiet der Türkei.

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