EU:Appell an Teheran

Die Außenminister wollen am Atomabkommen mit Iran festhalten. Das haben sie bei einem Sondertreffen am Freitag bekräftigt. EU-Chefdiplomat Josep Borrell will Gespräche mit allen Seiten führen.

Von Matthias Kolb, Brüssel

Die Außenminister der Europäischen Union haben bei ihrem Sondertreffen bekräftigt, dass sie weiter hinter dem Atomabkommen mit dem Iran stehen. "Wir wollen diesen Vertrag retten, wenn das möglich ist", sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Freitagabend in einer Pressekonferenz. Ohne den 2015 beschlossenen Deal wäre Iran heute eine Atommacht, zeigte sich Borrell überzeugt. Er appellierte an die Regierung in Teheran, ihre Verpflichtungen einzuhalten. Iran hat sich schrittweise aus dem Abkommen zurückgezogen, das US-Präsident Donald Trump 2018 einseitig aufgekündigt hatte. Laut Borrell wurde nicht über einen in dem Vertragswerk enthaltenen Streitschlichtungsmechanismus gesprochen, der neue UN-Sanktionen gegen Iran zur Folge haben könnte.

Die außerordentliche Sitzung war einberufen worden, um die Lage im Irak sowie in Iran und Libyen zu erörtern. Am wichtigsten sei es, für Deeskalation zu sorgen und den Irak zu stabilisieren, sagte Borrell. In der Nähe der Hauptstadt Bagdad wurde vor einer Woche der iranische General Qassim Soleimani von einer US-Drohne getötet; ein geplanter Angriff auf einen weiteren iranischen Kommandeur schlug fehl, wie US-Medien am Freitag berichteten. Tagelang herrschte eine ernstzunehmende Kriegsgefahr zwischen Iran und den USA, die nun vorerst gebannt scheint. Der EU-Chefdiplomat sagte, er habe von den Mitgliedstaaten ein starkes Mandat erhalten, Gespräche mit allen Seiten zu führen. EU-Diplomaten zufolge regte Bundesaußenminister Heiko Maas an, dass der Außenbeauftragte möglichst bald nach Bagdad reisen solle, um die eigenständige Rolle der EU klar zu machen. Dieser Vorschlag sei allgemein begrüßt worden.

An der Debatte nahm auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg teil. Mit dem UN-Sonderbeauftragten Ghassan Salamé berieten die Minister über die Lage im Bürgerkriegsland Libyen. Borrell betonte die Dringlichkeit: "Wir sind uns einig, dass wir uns stärker engagieren müssen, bevor es zu spät ist." Der Einsatz für eine politische Lösung im Rahmen des "Berliner Prozesses" solle noch weiter verstärkt werden. Die Bundesregierung versucht seit Monaten, ein internationales Treffen mit allen Akteuren, inklusive Russlands und der Türkei, zu organisieren. Borrell wurde beauftragt, Vorschläge zu erarbeiten, wie ein möglicher Waffenstillstand überwacht und die Durchsetzung des bestehenden Waffenembargos kontrolliert werden könnten. Der Spanier sagte Diplomaten zufolge in der Sitzung, dass Deutschland die Führung bei der Vermittlung in der Libyen-Krise übernehme und Außenminister Maas künftig die EU "in ihrer Gesamtheit" vertrete.

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