Parteitag in EssenZehntausende bei Anti-AfD-Demo – Angriffe auf Polizeikräfte

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Mehrere Demonstrierende wurden von der Polizei festgenommen.
Mehrere Demonstrierende wurden von der Polizei festgenommen. (Foto: Henning Kaiser/dpa)

Während der Parteitag mit einer Rede der Parteichefin Weidel begonnen hat, ziehen dem Innenministerium zufolge 20 000 Protestierende durch die Stadt. Bereits am Morgen war es zu Festnahmen gekommen, die Polizei setzte Pfefferspray und Schlagstöcke ein.

Ein Demonstrationszug mit vielen Tausend Menschen ist parallel zum Beginn des AfD-Bundesparteitags in Essen laut und friedlich durch die Stadt gezogen. Man gehe von etwa 20 000 Teilnehmenden aus, hieß es am Samstag aus dem Landesinnenministerium. Hinzu kämen weitere Protestveranstaltungen mit Tausenden Menschen.

Es ging vom Hauptbahnhof vorbei am AfD-Tagungsort - der Grugahalle - zu einem Messeparkplatz, auf dem ab Mittag eine Großveranstaltung mit bis zu 45 000 erwarteten Teilnehmerinnen und Teilnehmern stattfinden sollte. Dort wollen auch Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) und die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, Anna-Nicole Heinrich, sprechen. Zu der Großdemonstration aufgerufen hatte das Aktionsbündnis „Gemeinsam Laut“, dem mehrere Gruppen wie „Aufstehen gegen Rassismus“ oder „Essen stellt sich quer“ angehören.

Die AfD will bei dem Parteitag am Samstag und Sonntag unter anderem den Vorstand neu wählen. Die Stadt Essen hatte monatelang nach Möglichkeiten gesucht, den AfD-Parteitag noch zu verhindern - war damit aber letztlich vor Gericht gescheitert.

Am Samstagmorgen hatte der Bundesparteitag dann verspätet und begleitet von massiven Protesten begonnen. Veranstalter und Polizei sprachen schon am Morgen von Tausenden Protestierenden. Bereits gegen 5.45 Uhr hatte es einen ersten Zusammenstoß von Demonstranten mit der Polizei gegeben. Eine größere Personengruppe habe versucht, eine Sperrstelle zu überwinden, berichtete eine Polizeisprecherin. Dies sei unter Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken von Kräften einer Hundertschaft verhindert worden. Ob es aufseiten der Demonstranten Verletzte gab, wurde zunächst nicht bekannt. Mehrere Rettungswagen seien angefordert worden, sagte ein Polizeisprecher.

Außerdem besetzten Aktivisten am Morgen Straßen und Kreuzungen und versuchten so, die Anreise von Delegierten zu verhindern. An einer Autobahnauffahrt saßen mehrere hundert Menschen auf den Fahrbahnen. Der Polizei zufolge hat es mehrere gewalttätige Aktionen von Gegnern der Partei gegeben. „Demonstranten haben sich teilweise vermummt und Einsatzkräfte angegriffen“, berichtete die Polizei Essen. Es habe mehrere Festnahmen gegeben. Die Polizei hatte im Voraus vor strafbaren „Verhinderungsblockaden“ gewarnt. In der linken Szene habe es im Vorfeld Aktionstrainings gegeben, in denen unter anderem Blockadeaktionen geübt worden seien, sagte der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Und genau da hört nicht nur das Verständnis auf, sondern da fängt auch die Strafbarkeit des Gegenprotestes an.“

Die Polizei ist mit einem Großaufgebot vor Ort. Auch Wasserwerfer-Fahrzeuge waren in Bereitschaft. Mehrere Bundestagsabgeordnete berichteten, sie seien von der Polizei am Hotel abgeholt und zum Veranstaltungsort gebracht worden. Einige Delegierte gelangten zu Fuß unbehelligt zur Grugahalle. Von einer Brücke riefen Demonstranten Teilnehmern des AfD-Parteitags und Journalisten zu: „Es gibt kein Recht auf Nazi-Propaganda.“

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Mit Sitzblockaden wollen Aktivisten den AfD-Delegierten den Weg zum Parteitag versperren, absolut friedlich, wie die Organisatoren versichern. Offen ist, was die Polizei zulässt.

Von Christian Wernicke

Weidel: Deutschland ist „zu einem Ponyhof verkommen“

Unterdessen startete Parteivorsitzende Alice Weidel in der Halle den Parteitag mit einer Eröffnungsrede. Vor mehr als 550 Delegierten sagte Weidel, Deutschland sei „zu einem Ponyhof verkommen“. An die Adresse der Ampelregierung sagte sie: „Liebe Regierung, haut endlich ab, macht den Weg frei für Neuwahlen!“ Unter dem Applaus ihrer Parteifreunde schimpfte Weidel: „Der Verfassungsschutz ist selbst zum Verfassungsfeind geworden, und er gehört in dieser Form abgeschafft.“ Das Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall.

Parteiinternen Kritikern ihres Co-Parteivorsitzenden Tino Chrupalla nahm Weidel im Voraus den Wind aus den Segeln. Weidel wählte in ihrer Rede eine Fußball-Metapher und sprach von einem „Trainer-Gespann“ in der Parteiführung. Innerparteiliche Gegner machen die beiden Parteivorsitzenden für den misslungenen Wahlkampf und die Auswahl des Spitzenkandidaten Maximilian Krah verantwortlich. Die Wahl der Parteivorsitzenden wäre die Gelegenheit, Weidel oder Chrupalla dafür abzustrafen – oder einen von beiden loszuwerden. Im Vorfeld gab es auch Gerüchte, Weidel wolle ihren Co-Vorsitzenden Chrupalla zur Seite schieben und sich jetzt schon als Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl in Stellung bringen.

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